Fußballfans in Israel

Der Sabbat der Ultras

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Zur Gründung des zweiten Fan­vereins in Jerusalem, Beitar Nordia, kam es nach heftigen Auseinandersetzungen zwischen Anhängern von Beitar Jerusalem. Die rassistische und gewalttätige Ultra-Gruppe »La Familia« hatte gemäßigte Fans derart vergrault, dass diese 2014 in der Gründung eines eigenen Vereins die einzige Möglichkeit sahen, sich weiter unter dem Namen Beitar zu engagieren. Beitar Nordia spielt in der dritten Liga Süd. Die Anhänger setzen bei den Spielen alles daran, zu beweisen, dass ihr Verein das wahre Beitar repräsentiert: mit lautstarker, durchgehen­der Unterstützung für die Mannschaft und Flaggen mit der Menora, dem Wappen von Beitar, und dem Bier trinkenden Gründer der zionistischen Beitar-Bewegung, Zeev Jabotinsky.

Vor einem Spiel gegen Beitar Nordia stellten Ultras des arabischen Clubs MS Kfar Qasem ihren Gästen einen Tisch mit Snacks und Getränken in den Block. Videos im Fußballforum zeigen, wie die Ultras beider Teams nach dem Spiel in einer Shisha-Bar gemeinsam rauchen, Kicker spielen und Sprechchöre anstimmen. Vor dem »Klassiker«, wie das jüngste Spiel des MS Kfar Qasem gegen Maccabi Sha’arayim angekündigt worden war, waren die Fans aus Rehovot eingeladen, in einem Hummus-Lokal und einer Bäckerei in Kfar Qasem umsonst zu essen.

Alaa Amer, der als Jugendlicher zu jedem Spiel von Maccabi Tel Aviv ging, sagt, die Ultras von Kfar Qasem hätten sich 2013 zusammengefunden, um in der Stadt etwas Positives zu schaffen und den Kindern und Jugendlichen ein Angebot abseits der Straße zu machen. Fußballfans der Stadt, zuvor meist Anhänger großer Vereine wie Maccabi Haifa oder Hapoel Tel Aviv, hätten beschlossen, die große Fußballatmosphäre aus der ersten Liga auf die Ränge des örtlichen Abu-Hamis-Stadions zu bringen. Entsprechend erschallen die meisten Sprechchöre der Ultras des MS Kfar Qasem auf Hebräisch. Einen eigenen arabischen Verein zu unterstützen, statt eine Minderheit unter den Anhängern eines jüdischen zu sein, und dabei Wert auf gute Beziehungen zu jüdischen Mannschaften zu legen – das ist ein Musterbeispiel für die Israelisierung der arabischen Bevölkerung. Erfolgreich ist MS Kfar Qasem noch dazu: Am Ende eines äußerst spannenden Zweikampfs mit Hakoah Amidar Ramat Gan sicherte sich der Club in diesem Jahr die Meisterschaft in der dritten Liga Süd. Das war Anlass für mehrtägige Feierlichkeiten in der Stadt.