Die AfD und Israel

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Der Frontalangriff der AfD auf die deutsche »Erinnerungskultur« wird auch in Israel registriert. Vor der Bundestagswahl 2017 warnte ein großer israe­lischer Fernsehsender: »Es ist auch eine Partei, die den Blick auf die Nazivergangenheit ändern will. Es ist dramatisch.« Der Parteivorsitzende Alexander Gauland machte mit seinen Aussagen über die »Leistungen deutscher Soldaten in zwei Weltkriegen« und den Nationalsozialismus als »Vogelschiss« in 1000 Jahren deutscher Geschichte auch in Israel Schlagzeilen. Wenn die AfD den muslimischen Antisemitismus thematisiert, ist dies taktisch motiviert. Denn während die Partei Judenfeindschaft und Kriminalität muslimischer Zuwanderer propagandistisch ausschlachtet, finden die gleichen Probleme etwa bei deutschrussischen Einwanderern keine Erwähnung. Schließlich stellen diese ein wichtiges Wählerpotential für die AfD.

Der instrumentelle Charakter proisraelischer Äußerungen von rechtsextremer Seite wurde bereits in dem 2017 erschienenen Sammelband »AfD und FPÖ. Antisemitismus, völkischer National­ismus und Geschlechterbilder« anhand zahlreicher Beispiele aufgezeigt. Auch die österreichische FPÖ buhlte unter Heinz-Christian Strache erfolglos um die Gunst Israels. Nur der ungarische Ministerpräsident Viktor Orbán kann sich guter Beziehungen zur Regierung von Benjamin Netanyahu rühmen. Gemeinsam ist beiden nicht nur die innenpolitische Mischung aus Klientelpolitik und sozialer Härte, sondern auch die Feindschaft gegen den Investor und Großmäzen Georg ­Soros. Orbáns antisemitische Rhetorik gegen Soros scheint Netanyahu nicht zu stören.

Nicht alle im AfD-Milieu befürworten die Anbiederung an Israel. Manuel Ochsenreiter, der bis Januar dieses Jahres AfD-Referent im Bundestag war, sympathisiert beispielsweise mit dem iranischen Regime. 2008 posierte er im Libanon auf einem von der Hizbollah zerstörten israelischen Panzer. Ochsenreiter war auch zu Gast beim neurechten Institut für Staatspolitik in Schnell­roda. Dort gibt sich die AfD-Führung die Klinke in die Hand, auf der dies­jährigen Sommerakademie Ende September soll die Bundestagsfraktionsvorsitzende Alice Weidel sprechen. Der Cheftheoretiker des Instituts für Staatspolitik ist Thor von Waldstein, der in den achtziger Jahren den NPD-Studentenverband leitete, für die Partei als Kandidat zur Europawahl antrat und sich auch bei der NPD-Jugendorganisation engagierte. Waldstein, Autor der »Thesen zum Islam«, einer »grundlegenden neurechten Standortbestimmung«, bewundert den Islam als »wesentliche Kulturquelle des alten Europa« und beschwört die Verbundenheit der Europäer mit »den Völkern des ­Islam«. Für ihn sind Israel und die USA die Wurzel allen Übels, auch des islamischen Terrorismus. Stolz wies die Institutszeitschrift Sezession im vergangenen Jahr auf die Übersetzung von Waldsteins »Thesen zum Islam« in der ehemals maoistischen, mittlerweile ­nationalistischen türkischen Zeitschrift Aydınlık hin.