Ein neues Gesetz soll im US-Bundesstaat Kalifornien die Gig-Economy regulieren

Arbeitsrechte für Fahrer

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AB5 soll das ändern. Von nun an sollen die Auflagen strikter werden. Nur wer keine Anweisungen von einem Unternehmen erhält oder eine Tätigkeit außerhalb des Kerngeschäfts dieses Unternehmens ausführt, gilt noch als unabhängiger Vertragspartner. Das hat tiefgreifende Auswirkungen, denn Angestellte haben Rechte – auf Urlaub, Elternzeit, Krankenversicherung, Altersversorgung, gewerkschaftlichen Schutz. Für die großen Tech-Firmen könnte das teuer werden. Aber auch Freelancer sind besorgt. Der Los Angeles Times zufolge fürchten viele, dass sie ihre bisherige Flexibilität verlieren werden, dass aus den Minijobs ein ganz normaler Vollzeitjob wird oder dass viele der Arbeitsplätze abgebaut werden.

Trotz aller Kritikpunkte stellt das Gesetz den ersten ernstzunehmenden Versuch dar, die US-amerikanische ­Arbeitsgesetzgebung, die ihre Wurzeln in den dreißiger Jahren hat, endlich an die Bedingungen des 21. Jahrhundert und die Digitalwirtschaft anzupassen. Davon betroffen sind voraussichtlich Hunderttausende von Beschäftigten, nicht nur im Hightech-Sektor. Auch LKW-Fahrer, Krankenpfleger, Kosmetiker und viele andere haben von nun an einen Anspruch auf Mindestlohn, Bezahlung für Überstunden und Arbeitslosenversicherung.

Kalifornien hofft auf neue Steuereinnahmen von schätzungsweise sieben Milliarden US-Dollar im Jahr. Die Gewerkschaften hoffen auf neue Mitglieder, denn amtlichen Schätzungen zufolge waren in Kalifornien im Jahr 2016 etwa 8,5 Prozent aller Arbeitnehmer als unabhängige Vertragspartner eingestuft. Die Debatte begann bereits im Jahre 2004, als der Kurierdienst Dynamex seine Angestellten in Kalifornien plötzlich als unabhängige Vertragspartner klassifizierte und ihnen damit finanzielle Leistungen und rechtlichen Schutz entzog. Es kam zu einer Klage, die jahrelang in verschiedenen Instanzen verhandelt wurde und im April vorigen Jahres vom Obersten Gericht Kaliforniens im Sinne der Kläger entschieden wurde.
AB5 ist die Antwort der Gesetzgebung auf das Urteil. Doch es muss sich erst zeigen, ob das Gesetz überhaupt durchsetzbar ist, denn es ist sicherlich kein leichtes Unterfangen, wesentliche Teile der kalifornischen Wirtschaft, immerhin die fünftgrößte der Welt, mal eben umzustrukturieren. So entsenden nun die großen Tech-Konzerne ihre Lobbyisten nach Sacramento, um mit dem Gouverneur Kaliforniens, Gavin Newsom, Ausnahmeregelungen auszuhandeln. Das Pokern fängt also gerade erst an.