Drohnenangriff auf saudische Ölanlagen

Drohnen und Drohungen

Der Angriff auf saudische Ölanlagen hat die Schwäche des dortigen Königshauses demonstriert, ist aber kein Zeichen der Stärke des Iran.
Kolumne Von

Es wird wohl noch lange umstritten bleiben, woher die Drohnenflotte kam, die am Samstag Abqaiq, die bedeutendste Ölverarbeitungs­anlage Saudi-Arabiens, und Khorais, eines der wichtigsten Ölfelder des Landes, angriff. Bekannt hat sich die jemenitische, vom Iran unterstützte Houthi-Miliz, wahrscheinlicher ist jedoch, dass die Drohnen im Irak oder im Iran abhoben. Kaum Zweifel kann daran bestehen, dass es sich um einen vom iranischen Regime angeordneten Angriff handelte. Weder die vom Iran unterstützten schiitischen Milizen im Irak noch die Houthis haben eigene Waffensysteme für eine so umfangreiche und komplexe Operation.

Die Unklarheit über den Startplatz dürfte Teil der Botschaft sein, die die Ayatollahs übermitteln wollen: Jeder Angriff auf den Iran wird zu einem Krieg führen, der die gesamte Region erfasst. Ein weiteres Ziel war es, die Schwäche Saudi-Arabiens zu demonstrieren. Vorangegangene iranische Provokationen im Persischen Golf waren eher symbolischer Art, nach dem Angriff am Samstag aber fiel die saudische Ölproduktion um die Hälfte. Bedeutsamer als der ökonomische Schaden ist der Nachweis, dass die Ölproduktion des Landes verwundbar ist. Das kommt nicht nur angesichts des geplanten Börsengangs des Staatskonzerns Saudi Aramco ungelegen, es lässt auch Kronprinz Mohammed bin Salman, der de facto bereits das Land regiert, schlecht dastehen. Dessen aggressive Außenpolitik sollte ihn – neben den Maßnahmen zur Modernisierung der Diktatur – als dynamischen und entschlossenen Herrscher ausweisen.

Die saudische Intervention im Jemen hat nicht nur maßgeblich dazu beigetragen, dass aus dem Land ein humanitäres Katastrophengebiet wurde. Der Sieg lässt auf sich warten, und nun trifft ein Militärschlag das Kerngeschäft Saudi-Arabiens. Ob die Drohnen auf jemenitischem Territorium starteten, ist für das Ansehen Kronprinz Salmans irrelevant. Es war nie ein Geheimnis, dass im Jemen ein saudisch-iranischer Stellvertreterkrieg ausgetragen wird. Der Iran kann sich seines militärischen Erfolgs nicht offen rühmen, die Botschaft aber ist in der Region und der Welt zur Kenntnis genommen worden – und ein saudischer Vergeltungsschlag ist kaum möglich. Er bedürfte US-amerikanischer Unterstützung, doch hat man auf iranischer Seite den Eindruck gewonnen, dass Präsident Donald Trump einen Krieg weiterhin vermeiden will.

Dennoch ist der iranische Angriff kein Zeichen der Stärke. Die Provokationen im Sommer sollten vor allem Druck ausüben, um die ökonomische Isolation des Iran zu durchbrechen. Denn die harten US-Sanktionen wirken, mag der iranische Präsident Hassan Rohani auch von einer ökonomischen Erholung fabulieren. Die Staaten der EU, so gutwillig und kulant sie das Regime der Ayatollahs behandeln mögen, wollen die politischen und ökonomischen Risiken ­eines offenen Konflikts mit den USA in der Sanktionspolitik, die mit den sonstigen Handelsstreitigkeiten verknüpft ist, offenbar nicht eingehen. Nun hat der Iran den Druck weiter erhöht, seine Möglichkeiten in dieser Hinsicht wohl aber auch ausgeschöpft. Eine wei­tere Eskalation, ein Angriff mit noch gravierenderen Folgen, bliebe wohl nicht ohne militärische Reaktion.