Debatte um SUVs

Klima! Mörder! Monster!

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Doch! 

Der Straßenverkehr ist auch ohne den Einsatz bürgerkriegsfähiger Fahrzeuge gefährlich genug.

Von Simon Krüger

Sieht man einmal von der Frage der Ökobilanz ab, ist es mit Sportgeländewagen (SUVs) wie mit Schusswaffen. Beide machen irre Spaß, auch das mickrigste Hemdchen fühlt sich damit stark – und beide gehören zu den effektivsten Mitteln der Selbstverteidigung, die der Markt zu bieten hat. Selbstverteidigung ist nie eine sportliche und stets eine schmutzige Angelegenheit. Auf der Straße ist Angriff die beste Verteidigung, so lehren es die Gurus der waffenlosen Selbstverteidigung in Krav-Maga- und Ving-Chun-Schulen, und Angriffswaffen sind der Waffenlosigkeit immer überlegen. Auch ein blutiger Anfänger kann mit einem Messer einem geübten Kampfsportler ­gefährlich werden.

In der Praxis verleiten SUVs die Fahrenden dazu, im Straßenverkehr als »bully« aufzutreten.

Im Straßenverkehr überlegt es sich entsprechend auch der rüpeligste Berliner Radfahrer, ob er einem SUV an der Kreuzung die Vorfahrt nimmt. Dazu braucht es noch keinen Rezvani Tank SUV mit 500 PS – ein wahrlich martialischer Monsterwagen, »der extreme Geländefähigkeit mit brutaler Optik und optionaler Vollpanzerung« kombiniert, wie es auf einem Internetportal heißt. Auch mit dem in Deutsch­land so beliebten, sehr viel spießigeren VW Tiguan (240 PS) fühlt man sich im Straßenverkehr schon so sicher und überlegen wie nachts im Park mit einer Beretta 92 oder einer Glock 17.

Das wesentliche Problem an SUVs im Straßenverkehr vor allem dieses: Es handelt sich um Waffen. Natürlich ist Beinfreiheit eine feine Sache, aber die kann man auch anders beschaffen. Worauf es beim Kauf eines SUV ankommt, ist nicht, was vorne und hinten an Zentimetern dazukommt, sondern, sich im brutalen Alltag des Straßenverkehrs einen Vorteil zu verschaffen – durch sehr viel mehr PS und das motorisierte Äquivalent einer Superman-Figur.

Wie bei der realen Selbstverteidigung liegt bei einer wie auch immer gearteten Straßenwaffe der Missbrauch nahe – auch das lernt man übrigens bei den waffenlosen Selbstverteidigungssystemen. Angriff, so heißt es, sei zwar die beste Verteidigung, nur sehe das der Richter in der Regel anders. Also greift man zu allerhand Tricks. Etwa indem man laut um Hilfe ruft, bevor man unvermittelt einem ahnungslosen potentiellen Angreifer einen präventiven K.-o.-Schlag verpasst. Man lernt dadurch nicht nur, wie man einen Angriff als Verteidigung tarnt, sondern eignet sich auch eine Mentalität an, in der ein Präventivschlag bereits durch eine lediglich subjektiv empfundene Gefahr gerechtfertigt ist. Das Eskalationspotential liegt auf der Hand.