Proteste gegen Rechtsextremenaufmarsch

»Relativ stabiles Milieu«

Der rechtsextreme Verein »Wir für Deutschland« (WfD) hat für Donnerstag dieser Woche zwei Aufmärsche in Berlin angekündigt. Eine Anwohnerinitiative und das »Berliner Bündnis gegen Rechts« haben Gegenproteste angekündigt. Die Jungle World sprach mit Ulf ­Balmer von der Mobilisierungsplattform »Berlin gegen Nazis«.

Was ist zu den geplanten Aufmärschen von »Wir für Deutschland« bekannt?
Es soll am Donnerstag nur noch einen Aufmarsch geben. Der »2. Tag der Nation« beginnt um 14 Uhr auf dem Washingtonplatz am Ber­liner Hauptbahnhof. Die Route des Aufmarschs führt von dort über die Friedrichstraße und den Checkpoint Charlie zum Alexanderplatz. Der zweite Aufmarsch sollte um 17.30 Uhr an diesem Ort beginnen, ist inzwischen aber wieder abgemeldet. Er war vermutlich als Ausweichoption geplant, falls der erste Aufmarsch nicht stattfinden können sollte. Bereits um elf Uhr soll es vor dem Reichstag eine Kundgebung von »Reichsbürgern« geben, die sich dem Aufmarsch um 14 Uhr anschließen wollen.

Wer sind die wichtigsten Akteure des Vereins?
Nach meiner Kenntnis – ich stütze mich in Bezug auf die rechtsextremen Organsiatoren durchweg auf die Einschätzung der Mobilen Beratung gegen Rechtsextremismus (MBR) –  sind insbesondere Enrico Stubbe und Kay Hönicke zu nennen. Stubbe war Funktionär der rechtsextremen Splitterpartei Pro Deutschland, bevor er bei WfD aktiv wurde. Hönicke kommt aus Brandenburg. Er dreht häufig ­Videos von rechtsextremen und flüchtlingsfeindlichen Aufmärschen. 2017 kündigte er auf Facebook an, bewaffnete Kampfgruppen gründen zu wollen.

Wie erfolgreich waren die bisherigen Mobilisierungsversuche von »Wir für Deutschland«?
Der Verein existiert seit 2017. Die Gründer des Vereins organisieren aber bereits seit 2016 Aufmärsche in Berlin. Dazu gehörte zum Beispiel eine Serie von Aufmärschen mit dem Motto »Merkel muss weg«. Im vergangenen Jahr nahmen über 1 000 Rechtsextreme am »Tag der Nation« teil. Dieser wird in diesem Jahr wiederholt, obwohl der Verein nach einem Aufmarsch am 9. November vergangenen Jahres angekündigt hatte, keine Aufmärsche mehr in Berlin zu organisieren. An dem Aufmarsch am 9. November hatten nur 140 Personen teilgenommen.

Wie schätzen Sie das Mobilisierungspotential in diesem Jahr ein?
Das Potential lässt sich nur schwer einschätzen. Bislang hatte »Wir für Deutschland« immer auf Facebook mobilisiert. Mittlerweile sind die Facebookseiten und -events des Vereins aber größtenteils nicht mehr vorhanden. Vor dem 3. Oktober 2018 lag die Teilnehmerzahl bei den Aufmärschen des Vereins meist im mittleren dreistelligen Bereich. Da das Milieu des Vereins relativ stabil ist, ist am »2. Tag der Nation« mit einer ähnlich hohen Teilnehmerzahl zu rechnen. Der Mobilisierungserfolg im Oktober vergangenen Jahres dürfte auf die rechtsextremen Aufmärsche zurückzuführen sein, die zuvor in Chemnitz und in Köthen stattgefunden hatten. Kay Hönicke hatte dort Werbung für »Wir für Deutschland« gemacht und war teilweise auch als Redner aufgetreten.

Welche Proteste sind gegen den »2. Tag der Nation« geplant?
Die Gegenkundgebung der »Anwohnerinitiative Zivilcourage – Gegen Rechts« findet ab 13 Uhr neben dem Friedrichstadtpalast mit Bands und verschiedenen Rednerinnen und Rednern statt. Die Kundgebung des »Berliner Bündnis gegen Rechts« soll um 14 Uhr Unter den Linden/Friedrichstraße beginnen.