Überflutungsgefahr in Liberia

Land unter Wasser

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2017 erfuhr Monluo vom Klimawandel. Seit 2018 spricht sie Menschen darauf an. »Oft sagen sie, dass er eine Erfindung der Weißen sei«, so Monluo. Doch wenn in Liberia Schulen und Krankenhäuser schlössen, weil alles unter Wasser stehe, und Monluo über den Zusammenhang zwischen Klimawandel und Überflutungen spreche, könne sie Skeptiker oft überzeugen. »Daran erkennen die Menschen oft, dass der Klimawandel real ist«, sagt sie. Über ­Zahlen zum CO2-Ausstoß kann man hinwegsehen, über hüfthohes Wasser vor der Haustür nicht. Monluos will in erster Linie überzeugen: »Es geht mir vor allem um das Bewusstsein der Menschen.«

Während die junge Frau versucht, sich über die schlechte Skype-Verbindung verständlich zu machen, hört man im Hintergrund Kinder schreien. Die Klimakrise hat nicht nur Auswirkungen auf das Land, in dem Monluo lebt, sie hat auch unmittelbare Auswirkungen auf ihre Familie: »Meine Familie verkauft Kartoffelgrün oder Blätter, um zu überleben. Aber das schlechte Wetter führt zu schlechter Ernte und geringen Verkaufserlösen. Deshalb gehen meine Geschwister nicht zur Schule.«

Monluo ist die einzige in ihrer Familie, die studiert. Sie ist mit ihren 20 Jahren die Hoffnungsträgerin: »Meine Onkel und Tanten bezahlen für die Univer­sität, damit ich später genug verdiene, um meine Geschwister zu unterstützen.« Ihre Bücher hänge sie wegen der Überschwemmungen in einer Tasche hoch an der Wand auf. Sie studiere Medizin, nicht nur um ihrer Familie zu helfen. In Liberia leiden viele Mädchen unter mangelnden Möglichkeiten zur Verhütung und Monatshygiene. »Viele Mädchen verlassen die Schule früher, weil sie schwanger werden. Oder weil es keine Binden für sie gibt«, so Monluo. Dann bleiben sie tagelang dem Unterricht fern und verpassen viel. Früher sei Monluo herumgegangen und habe Mädchen davor gewarnt, die Schule zu verlassen. »Mittlerweile rede ich mit den Mädchen, die die Schule verlassen, über den Klimawandel«, sagt sie. Freitags gehe sie für Klimagerechtigkeit auf die Straße: »Aber nicht so häufig, wie man vielleicht denkt.« Nachdem sie andere von der Wichtigkeit von Bildung überzeugt habe, bleibe sie der Universität ungern fern.

»Ich spreche auch über den Anstieg des Meeresspiegels«, sagt Monluo. Dieser und die Überflutungen hätten weitreichende Konsequenzen: »Es ist wirklich schwer, das Haus zu verlassen. Noch dazu leiden wir hier unter Pilzen und Moskitos, aber auch unter Krankheiten wie Cholera. Sehr viele Krankheiten übertragen sich über das Wasser.« Als Medizinstudentin kennt Monluo sich damit gut aus. »Ich will noch mehr Organisationen motivieren, uns zu helfen. Für Moskitonetze und Choleratabletten haben viele Menschen kein Geld«, sagt sie. Sie habe bereits mit dem Leiter von Farm4life gesprochen, einer internationalen Hilfsorganisation. »Aber bislang gibt es noch kein grünes Licht. Ich möchte auch mit dem Leiter der Organisation Full Circle Learning sprechen.« Monluo ist nicht nur ein Opfer der Klimakrise in einem strukturell benachteiligten Land. Sie klärt über die Probleme des Klimawandels auf und organisiert Hilfe. Sie handelt.