Missverständnisse über Meinungsfreiheit

Das wird man doch wohl noch sagen dürfen

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Gastbeitrag Von

Manchmal geht die Argumentation so weit, dass die Vertreibung der arabischen Juden als „Einschüchterung durch Israel“ und „kriminelle Taten des Mossad“ sowie angebliche Kollaboration mit den Franzosen in Algerien relativiert, ja, rechtfertigt wird. Als Argumentation dazu muss unter anderem die fadenscheinige Propagandalüge einzelner Teile der Muslimbruderschaft, man wünsche die Rückkehr der vertriebenen Juden, herhalten, was angesichts der antisemitischen Ideologie der Hamas, der palästinensischen Sektion der Bruderschaft, und ihrem Verweis auf die „Protokolle der Weisen von Zion“ und anderer antisemitischer Mythen absurd anmuten muss.

Meinungsfreiheit ist auch die Freiheit des Andersdenkenden, eine Meinung abzulehnen

Sowohl der AfD als auch den Autoren und Redakteuren von Al Jazeera liegt ein gefährliches Missverständnis von Meinungsfreiheit vor, das sich auch darin ausdrückt, dass besagte Gruppen ein heuchlerisches Verhältnis zur Meinungsfreiheit haben.

Nur weil ich eine Meinung habe, heißt das nicht, dass jeder andere sie auch kritiklos hinnehmen und wegen dessen Meinung öffentlich lobpreisen muss, denn das bedeutet wiederum auch eine Einschränkung der Meinungsfreiheit. Jemanden für allgemeine Leistungen zu ehren, und dies dann bei Kritik an den antiisraelischen oder antisemitischen Aussagen nicht mehr zu tun, ist keine Einschränkung von Meinungsfreiheit, schon gar nicht, wenn jemand extra WEGEN besagter antiisraelischer Aussagen geehrt werden sollte. Ein Faktum, das ein Deutsch-Jugoslawe ebenfalls auf Al Jazeera als „politische Verfolgung“ beklagt und die Kritik an BDS als „Verlängerung der Apartheid“ bezeichnet, aber journalistisch fast ausschließlich über Palästina schreibt und auf seiner Webseite stolz seine Doktorarbeit in „American Studies“(sic!) bei der Universität Mainz unter dem denkwürdigen Titel „Trans/Intifada. The Politics and Poetics of Intersectional Resistance“ präsentiert. Menschen wie diese sind typische BDS-Aktivisten, die versuchen, Antisemitismus in der Form der Israelfeindlichkeit bewusst mit linken Konzepten wie Trans-Rechte, intersektionalen Feminismus oder Antirassismus zu vermischen.

Artikel wie diese, die BDS aktiv unterstützen oder sogar von BDS-Aktivisten selbst geschrieben werden, tauchen dutzendfach bei Al Jazeera English auf und füllen die Meinungsspalten des Mediums.

Was einige Aktivisten unter „Einschränkung der Meinungsfreiheit“ hier verstehen, heißt eigentlich, zu verlangen, dass alle anderen die eigene Meinung auch teilen und öffentlich unterstützen müssen, auch wenn die da heißt, Israel als Staat abzuschaffen oder mit dem Naziregime gleichzusetzen. Oder wie im Falle der AfD eben konsequenterweise die Flucht von Menschen nach Europa als jüdische Verschwörung gegen die Völker Europas hinzustellen.

Das impliziert dieses völlig verquere Verständnis von Meinungsfreiheit, das eher „das wird man doch wohl noch sagen dürfen“ heißen sollte. Während die BDS-Aktivisten jegliche Kritik an ihren Aktivitäten als Einschränkung der Meinungsfreiheit brandmarken, spricht auch die AfD von „Zensur“, wenn sie Gegenwind zu ihren radikalen Positionen erhält. Die Sorge um Meinungsfreiheit ist letzten Endes nur vorgeschoben, in Wahrheit wünscht man sich die Verschiebung des Meinungskonsens in eine bestimmte Richtung und die Verhinderung von Kritik daran. Das ist beim Rassismus der AfD ganz genauso wie beim Antisemitismus der BDS-Bewegung.

Eine Reihe von Parallelen, die die selbsterklärten „Freiheitskämpfer“ und „Antirassisten“ von BDS sich einmal durch den Kopf gehen lassen sollten.