Proteste in Bolivien gegen eine weitere Amtszeit von Evo Morales

Morales machts noch einmal

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Die Naturkatastrophe und vor allem der Umgang mit ihr haben Morales in den Wochen und Monaten vor der Wahl Zustimmung gekostet. Im Zentrum von La Paz waren Parolen wie zu sehen »Fleisch nach China zu exportieren, bedeutet, Amazonien zu töten«, am Hauptgebäude der Universität San Andrés (UMSA) hing ein Transparent mit dem Slogan »UMSA gegen den Ökozid«. Daneben prangte ein Transparent mit dem Appell, die Demokratie zu schützen, dahinter das Kürzel »21F«. Am 21. Februar 2016 hatte das Referendum über eine Verfassungsänderung stattgefunden, die dem Präsidenten eine unbegrenzte Zahl an Amtszeiten ermöglichen sollte. Damals stimmten 51,3 Prozent der Wählerinnen und Wähler gegen den Antrag der Regierung. Dennoch erlaubten die Verfassungsrichter Morales eine weitere Kandidatur. Dies brachte dem Präsidenten und seiner Partei Bewegung zum Sozialismus (MAS) den Vorwurf ein, sich demokratischen Beschlüssen nicht zu beugen.

Der bisherige Bewohner will sich nicht verdrängen lassen. Der Präsidentenpalast in La Paz.

Bild:
Knut Henkel

Mitten im Wahlkampf bekam Morales ein weiteres Problem. Den Vertrag, den seine Regierung zur Förderung und Vermarktung des Batterierohstoffs Lithium mit einem deutschen Unternehmen ausgehandelt hatte, sehen immer mehr Bolivianerinnen und Bolivianer kritisch, da er negative Folgen für das Land hätte. Am Wochenende vor den Wahlen musste Morales eine Wahlkampfveranstaltung in der Stadt Potosí, in deren Nähe die Lithiumreserven liegen, fluchtartig verlassen. Die Menschen waren wütend, weil die Region bei der Verteilung der Gewinne nicht berücksichtigt worden war.

Bei der Jugend weniger populär

Viele vor allem jüngere Wählerinnen und Wähler haben sich von Morales abgewandt. Zu diesen gehört Joselyn Cahuana Mamani, eine 18jährige Schülerin aus El Alto, die am 20. Oktober zum ersten Mal wählen durfte. »Evo hat Bolivien nach vielen Jahren mit wechselnden Regierungen von Militärangehörigen und Konservativen Stabilität und Wachstum gebracht«, sagt die junge Frau einige Tage vor der Wahl. »Doch wenn ich ihm hier gegenüberstehen würde, wäre meine erste Frage: Warum noch eine Amtszeit? Warum sind 13 Jahre nicht genug? Was fehlt denn noch?«, so die Schülerin, die im Frühjahr ihr Abitur machen wird. Sie lebt in Villa Paulina, einem der neueren Bezirke von El Alto, in denen die öffentliche Infrastruktur noch mangelhaft ist. Wasser- und Abwasserrohre werden dort erst verlegt und es gibt nur wenige Anlaufstellen für Jugendliche.

Eine davon ist das »Haus der Solidarität«, wo Mamani einige Tage vor der Wahl gemeinsam mit einigen Schulkameraden über ihre Zukunftsaussichten diskutiert. Federico Chipana, Sozialarbeiter und Koordinator des winzigen Kulturzentrums, hat dazu eingeladen. Gekommen sind eine Handvoll Jugendlicher aus der benachbarten Schule »Los Angeles«, darunter die 17jährige Rossy Nayoli Condori und der 16jährige Iván Roddy Catacora. Beide haben klare Vorstellungen von ihrem künftigen Berufsfeld.