Diskussion über Antisemitismus

Eislebener Abwehrreflexe

In Eisleben wird nach dem antisemitischen und rassistischen Anschlag von Halle über den rechten Alltag in der Herkunftsregion des Attentäters gestritten. Anlässlich eines Wahlkampfauftritts von Alexander Gauland organisierte eine neu gegründete Gruppe eine Protestkundgebung.

In der Herkunftsregion des Attentäters von Halle ist eine Diskussion über den dortigen rechten Alltag entbrannt. Stephan B. wurde im nicht weit von Halle entfernten Eisleben geboren. 2010 machte er in der im Landkreis Mansfeld-Südharz gelegenen Stadt sein ­Abitur. Bis zu seiner Inhaftierung wohnte B. bei seiner Mutter im benachbarten Benndorf.

Die stellvertretenden Vorsitzenden der CDU-Landtagsfraktion schrieben in einem Papier, der CDU müsse es »gelingen, das Soziale mit dem Nationalen zu versöhnen«.

Torsten Hahnel, ein Mitarbeiter der Arbeitsstelle Rechtsextremismus von Miteinander e. V., sagte der Deutschen Presse-Agentur, in Eisleben und Umgebung gebe es häufig rechtsextreme Konzerte und ­Kameradschaftsabende; auch die rechtsextreme Kampfsportszene sei stark. Anders als im studentisch geprägten Halle gebe es in der Stadt nur selten zivile Gegenwehr, die diese rechte Alltagskultur zurückdrängen könne. Das Mansfelder Land, in dem Eisleben liegt, bilde einen Schwerpunkt der Arbeit der AfD. Im Mai wurde diese bei der Kommunalwahl im Landkreis Mansfeld-Südharz mit 19,3 Prozent der Wählerstimmen stärkste Partei.

Hahnels Äußerungen stießen in der Region auf Kritik. Jutta Fischer, die ­sozialdemokratische Oberbürgermeisterin von Eisleben, sagte der Volksstimme: »Eisleben ist kein Hort des Antisemitismus. Stellvertretend für alle Eis­lebener verwahre ich mich gegen diesen Ruf.« Der stellvertretende Vorsitzende der sachsen-anhaltinischen CDU, André Schröder, sagte im Gespräch mit der Mitteldeutschen Zeitung: »Der Verein bekommt kein Geld, um Pauschalurteile über eine ganze Region zu fällen.« Schröder nutzte die Gelegenheit, um die Arbeit von Miteinander e. V. zu diskreditieren. Indem der Verein »verfestigte rechte Strukturen« ausmache, kritisiere er letztlich seine eigene Arbeit, weil es doch gerade die Aufgabe des »mit Steuergeldern finanzierten Vereins« gewesen sei, diese Strukturen zu verhindern, sagte Schröder dem Blatt.

Dieser Abwehrreflex hat in Sachsen-Anhalt Tradition. Seit 2016 wird er durch die Präsenz der AfD im Landtag verstärkt. Die demokratisch legitimierte Anti-Antifaarbeit der Landtagsfraktion der Partei besteht unter ­anderem darin, Vereinen wie Miteinander e.V. mangelnde Neutralität vorzuwerfen, um ihnen möglichst bald mit den Stimmen der CDU die Finanzierung entziehen zu können.