Das US-amerikanische Jugend- und Amateursportsystem wird immer korrupter

Sport nur für Reiche

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Aber nicht nur Fußball, ohnehin immer eine Sportart der Mittelschichtsvorstädte, erlebt einen Rückgang: Seit 2008 ist die Zahl der Kinder in dieser Altersstufe, die irgendeine Mannschaftssportart regelmäßig betreiben, von 45 auf 37 Prozent gefallen. Einer der Gründe ist, dass der traditionelle Sportunterricht an den Schulen immer weniger bietet. Wo es früher möglich war, nachmittags bei verschiedenen Teams mitzumachen, wird nun das Programm beständig eingeschränkt. An 24 Prozent der High Schools wird gar kein Sport mehr angeboten, bei 63 Prozent der Schulen wird das Budget für Sport ständig gekürzt.

Stattdessen gibt es ein neues Jugend­sportmodell, bei dem die Eltern für die Teilnahme bezahlen. Mit dem jährlichen Mitgliedsbeitrag für den Verein im Viertel haben diese Kurse nichts zu tun. Eine Umfrage des Marktforschungsinstituts The Harris Poll aus diesem Jahr ergab, dass ein Viertel der Familien, deren Kinder Jugendsport betreiben, dafür pro Monat 500 Dollar oder mehr ausgeben, bei zehn Prozent der Familien sind es sogar 1 000 Dollar. Finanziert werden diese Ausgaben mit Zweitjobs und durch den Verzicht auf Urlaubsreisen.

Sport gilt schließlich nicht länger als gesundheitsfördernder Zeitvertreib, sondern als wichtige Zukunftsinvestition. Dass sich das in nächster Zeit ändert, darf bezweifelt werden. Denn Kinder- und Jugendsport ist in den USA inzwischen ein Markt mit einem Umsatz in Höhe von 17 Milliarden Dollar. Zum Vergleich: Das ist mehr, als mit professionellem Baseball, Basketball, Fußball oder Eis­hockey umgesetzt wird. Nur die NFL verfügt mit American Football über einen ähnlich großen Markt. Anbieter bringen zudem immer exklusivere Angebote auf den Markt. Mitglied eines Ruderteams zu sein, das landesweit an zehn Rennen im Jahr teilnimmt, klingt im Lebenslauf eben viel besser, als bei einem aktiv zu sein, das jedes Wochenende nur gegen die Kids aus dem Nachbarviertel auf dem nächstgelegenen See rudert. Auch dann, wenn nicht Talent und Leistung, sondern der elterliche Geldbeutel das Qualifikationskriterium sind.

Auf der nächsten Stufe geht es um den Collegesport der Universitäten. Auch das ist ein Riesengeschäft, die Kritik an der Gelddruckmaschine Collegesport, vor allem in den großen Sportarten, ist bekannt. Die Studierenden sorgen für Millioneneinkünfte der einzelnen Universitäten, dafür dürfen einige der Spieler studieren, ohne sich für die Studiengebühren verschulden zu müssen. Wenn Eltern in die sportliche Zukunft investieren, dann auch, weil sie sich erhoffen, dadurch ein solches Stipendium zu erringen. Die Chancen ­dafür sind eher gering, aber es spielen ja auch genügend Leute bei der Lotterie mit. Und wenn es für ein Stipendium nicht reicht, ein Pluspunkt bei der Unibewerbung ist es allemal, gut in Sport zu sein.