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Plädoyer für gute Manieren

Kolumne Von

Nun wird wieder überall geschnieft und genießt und gehustet. Die Leute lernen und lernen es ja einfach nicht, mit dem Finger aus der eigenen Nase rauszubleiben und sich vor allem die Hände zu waschen, nein, es wird gepopelt und anschließend werden Sachen angetatscht und dann wird wieder die Nase angefasst und da wird nochmal schnell eine Avocado gedrückt, ob sie auch reif ist, und dort wird ein Brötchen wieder in das Selbstbedienungsdings zurückgelegt und, oh, guck mal, was ist das denn, gleich mal mit den Rotzefingern dran herumfuhrwerken, und dann wundern sich am Ende alle, dass sie schon wieder erkältet sind.

Aber wir waren bei der allgemeinen Weltlage, die so schlecht gar nicht ist, zumal CNN live die Impeachment-Anhörung überträgt, die ein einziges großes Plädoyer für gute Manieren ist. Nancy Pelosi hat nämlich, vermutlich, einen Plan, und der besteht darin, Trump endgültig in den Irrsinn zu treiben, was bislang, Stand Montag, sehr gut gelingt, denn mit höflichen, sachlichen Zeugen, die eloquent ihre Sache vertreten und mit keinem einzigen Wort ausfällig werden, kann der Mann erwiesenermaßen gar nicht gut umgehen. Gut, mit den vielen Rückschlägen in letzter Zeit auch nicht, aber dass die Strategie der Grand Old Party, möglichst laut und krawallig irgendwas komplett am Thema vorbei zu erzählen, gegen diese wunderbar manierliche Demokraten-Inszenierung nicht ankommen würde, hatte er wohl nicht erwartet. Und zu beobachten, wie der Präsident der USA schäumend vor Wut einen unverschämten Tweet nach dem anderen verfasst und damit bis auf seine ­Basis niemanden begeistert, ist schon schön. Zumal der Kontrast, also Leute, die ruhig und beharrlich und mit tödlicher Höflichkeit gegen ihn aussagen, so wundervoll ist. Und außerdem popelt niemand in der Nase, was auch sehr erfreulich ist.