Ein neues Gesetz erleichtert ­diskriminierende Ermittlungen durch DNA-Analysen

Analysieren und diskriminieren

Das »Gesetz zur Modernisierung des Strafverfahrens« erlaubt der Polizei, DNA-Spuren zu analysieren, um auf das Aussehen von Verdächtigen zu schließen. Kritiker befürchten, so werde Diskriminierung befördert.

Von Blutspuren auf das Aussehen oder das Alter von Verdächtigen schließen: Was die Polizei bislang nur in Bayern durfte, wird künftig bundesweit erlaubt sein. Am vorvergangenen Freitag beschloss der Bundestag mit den Stimmen der Regierungsparteien ein »Gesetz zur Modernisierung des Strafverfahrens«. Die Grünen, die FDP und die Linkspartei stimmten dagegen, die AfD-Fraktion enthielt sich. 
Besonders kritisiert wird die Zulassung erweiterter DNA-Analysen. Mit deren Legalisierung folgt der Bundestag dem im Mai vorigen Jahres beschlossenen bayerischen Polizeigesetz, das für große Proteste sorgte (Jungle World 13/2018). Das neue Gesetz sieht vor, dass die Polizei aus Tatortspuren genetische Hinweise auf Augen- und Haarfarbe, Pigmentierung der Haut und das Alter von Verdächtigen gewinnen darf. Vor der Gesetzesänderung war dies nur für die Geschlechtszugehörigkeit erlaubt.

»Die Polizei wird keine Massen­gentests machen, bei denen sie nach einem mittelalten weißen Mann mit braunen Haaren sucht, das ergibt keinen Sinn.«

Der Verein »Gen-ethisches Netzwerk« hatte vor dem Beschluss des Bundestags kritisiert, dass die Technologie zur Vorhersage der Pigmentierung von Haut, Haaren und Augen keineswegs so ausgereift sei, wie Politiker und einige Wissenschaftler behaupteten. »Eine Fehlleitung von Ermittlungen aufgrund von zu großem Vertrauen in die DNA-Technologie erscheint demnach höchst wahrscheinlich«, heißt es in einer Pressemitteilung der Organisation. 

Das liegt zum einen daran, dass man nicht in jedem Fall von der DNA einer Person auf ihr Aussehen schließen kann. Zum anderen arbeiten die DNA-Analysen mit Wahrscheinlichkeiten, die aus Datenbanken abgeleitet werden – je nachdem, wessen Daten gespeichert sind, können die Ergebnisse recht unterschiedlich ausfallen. Dem Gen-ethischen Netzwerk zufolge ergeben diese Analysen zudem »kein ›genetisches Phantombild‹, sondern grobe Vorhersagen der Pigmentierung einzelner Merkmale«. Bislang sei inter­national kein Fall bekannt, in dem die Vorhersage der Augen-, Haar- und Hautfarbe sowie des Alters des Täters zur Aufklärung eines Verbrechens geführt habe.#