Die CDU nach Merkel

Leipziger Burgfrieden

Auf dem CDU-Bundesparteitag kam es nicht zum Machtkampf zwischen Annegret Kramp-Karrenbauer und Friedrich Merz. Die Frage, wie die Partei sich nach der Ära Merkel positionieren wird, bleibt offen.

Parteitage sind ein besonderes Genre im politischen Theater. Wer am vergangenen Wochenende anlässlich des 32. Bundesparteitags der CDU in Leipzig ein Königinnenmörderdrama mit dem Titel »Die Selbstzerstörung der CDU« erwartet hatte, wurde rasch enttäuscht. Die öffentlichen Proben hatten dramatischer gewirkt, als die Leipziger Aufführung dann ausfiel. Vor allem schienen die Widersacher der Parteivorsitzenden Annegret Kramp-Karrenbauer nicht für einen Aufstand gerüstet. Die parteiinternen Kritiker der Bundesregierung wie Friedrich Merz oder Tilman Kuban, der Vorsitzende der Jungen Union (JU), agierten eher zurückhaltend und mussten ihre Hoffnung auf einen kathartischen Moment der Erlösung von der amtierenden Vorsitzenden sowie der lang­jährigen Kanzlerin Angela Merkel vorerst aufgeben.

Die Union lebt immer noch von der Illusion, sie könne gemäß der offiziellen Losung des Leipziger Parteitags »Deutschlands starke Mitte« bleiben und wieder an frühere Erfolge anknüpfen.

Kramp-Karrenbauer hatte zur Eröffnung des von ihr als »Arbeitsparteitag« bezeichneten Treffens die Führungsfrage gestellt und damit einen Etappensieg erzielt. Wenn, so die CDU-Vorsitzende in ihrer programmatischen Rede, der von ihr als eine Art »Wohlstand für alle 2.0« präsentierte Zukunftsentwurf für Deutschland nicht den Wünschen der versammelten Parteimitglieder entspreche, »dann lasst es uns heute aussprechen. Und dann lasst es uns heute auch beenden«, sagte Kramp-Karrenbauer. Die derart zur Parteidisziplin verpflichteten Delegierten quittierten den gelungenen Einfall der Parteitagsregie mit standing ovations. Die oftmals als Provinzlerin verspottete Kramp-Karrenbauer hatte sich wieder einmal als geschickte Machtpolitikerin mit dem richtigen Gespür für die Gefühlslage im Kanzlerinnenwahlverein CDU gezeigt.

Ihr Kontrahent Friedrich Merz konnte nur noch darauf hinweisen, dass die CDU, anders als die SPD, nicht »strukturell illoyal« sei. Merz bleibt ein Hoffnungsträger für jene, deren Konservatismus sich nicht nur auf die Bewahrung von Regierungsämtern beschränkt. Seine mit Spannung erwartete Rede nutzte der Wortführer der Merkel-Kritiker nicht zur Generalabrechnung mit dem von ihm vor dem Parteitag als »grottenschlecht« bewerteten Erscheinungsbild der Bundesregierung oder der Führungsriege der CDU.

Merz hatte wohl vernommen, dass der Kreis seiner Unterstützer seit dem Hamburger Parteitag im Dezember vorigen Jahres außerhalb der JU und des wirtschaftsliberalen Flügels der Partei nicht unbedingt größer geworden ist. Gerade im baden-württembergischen Landesverband der Partei, der Merz zuvor stark unterstützt hatte, mehrten sich zuletzt distanzierte Stimmen. Für Merz schien es darum eher angezeigt, Spitzen gegen SPD und Grüne als gegen Merkel und Kramp-Karrenbauer zu platzieren. In Richtung der Anhänger von »Fridays for Future« sagte er, diesen habe entgegen den Worten von Greta Thunberg niemand die Zukunft geraubt. Die Frage, ob die Klimaschützer an Sonntagsreden erinnernde Sätze wie »Ihr habt die beste Jugend gehabt, die es je in diesem Teil der Welt gegeben hat«, überhaupt noch zur Kenntnis nehmen, ging im selbstgewissen Applaus der Delegierten unter.