André Poggenburg versucht sich am Aufbau einer rechtsextremen APO

Wo sich Gescheiterte treffen

Der ehemalige sachsen-anhaltinische AfD-Landesvorsitzende André Poggenburg versucht sich als Organisator einer extrem rechten außerparlamentarischen Opposition. Dabei kooperiert er unter anderem mit einer Nachfolgeorganisation der Kleinpartei Pro NRW.

Nachdem seine parteipolitische Karriere offenbar gescheitert ist, versucht der ehemalige Landesvorsitzende der sachsen-anhaltinischen AfD es auf ­einem anderen Weg: Vor etwa zweieinhalb Wochen verkündete André Poggenburg in Leverkusen die Gründung einer »bundesweiten Interessengemeinschaft« mit dem Namen »Aufbruch Deutschland 2020«. Im August war Poggenburg aus der Kleinpartei »Aufbruch deutscher Patrioten – Mitteldeutschland« (ADPM) ausgetreten. Diese hatte er im Januar vorigen Jahres selbst gegründet.

Beim Neujahrsempfang von »Aufbruch Leverkusen« sprach neben André Poggenburg auch die ehemalige Landesvorsitzende der AfD in Schleswig-Holstein, Doris von Sayn-Wittgenstein.

»Aufbruch Deutschland 2020« ist als überregionale Sammlungsbewegung angelegt. Auf Twitter schrieb Poggenburg, die Vereinigung richte sich an »alle ­Nationalen und Konservativen«, »egal ob rechts, mitte, links – unten oder oben«. Sie solle ihre Wirkung in Form einer »außerparlamentarischen Opposition (APO)« entfalten, zitierte die Magdeburger Volksstimme Poggenburg – eine Strategie, die alles andere als neu ist. Der Gründungserklärung ­zufolge soll »Aufbruch Deutschland 2020« als Verein eingetragen und für diesen der Status der Gemeinnützigkeit beantragt werden.

Poggenburg verkündete die Gründung auf dem Neujahrsempfang von »Aufbruch Leverkusen« im Schloss Morsbroich. Die Ratsgruppe mit zwei Sitzen im Leverkusener Stadtrat besteht seit August vorigen Jahres. »Aufbruch Leverkusen« ging aus der Kleinpartei Pro NRW hervor. Diese hatte sich im März 2019 aufgelöst. Grund dafür war unter anderem der bevorstehende Entzug des Parteistatus.

Bereits damals zeichnete sich eine Zusammenarbeit mit Poggenburg ab. In der auf der Website leverkusen.com dokumentierten Auflösungserklärung von Pro NRW heißt es, man wolle sich als »überparteilicher Verein im vor­politischen Raum« neu formieren. Es gelte, »gemeinsam mit den ›Gelben Westen‹ und der ADPM«, der damaligen Partei Poggenburgs, »den Wählern das Angebot einer authentischen und demokratischen Rechtspartei mit einem ausgesprochenen sozialen Profil neben der AfD zu unterbreiten«.

An dem Neujahrsempfang im Schloss Morsbroich nahmen nach Angaben der Ratsgruppe knapp 100 Gäste teil. Neben Poggenburg sprachen die ehemalige Landesvorsitzende der AfD in Schleswig-Holstein, Doris von Sayn-Wittgenstein, und Edwin Wagensveld, der Wortführer des niederländischen Ablegers von Pegida. Darüber hinaus waren Alexander Kurth und Jens ­Wilke anwesend. Letzterer ist der Gründer des später in »Volksbewegung ­Niedersachsen« umbenannten rechtsextremen »Freundeskreises Thüringen/Niedersachsen«. 2016 kandidierte Wilke bei der Landratswahl im Landkreis Göttingen für die NPD, im Mai trat er für die Kleinpartei »Die Republikaner« bei der Europawahl an. Kurth war Mitglied der NPD. Dem Portal Belltower News zufolge verließ er die Partei Ende 2014 und engagiert sich mittlerweile ebenfalls bei »Die Republikaner«. Wilke und Kurth berichteten für den Blog »Ungetrübt Media« vom Neujahrsempfang der Ratsgruppe.

Deren prominentestes Mitglied ist Markus Beisicht. Der Jurist und ehemalige Vorsitzende von Pro NRW hat angekündigt, im September für das Oberbürgermeisteramt in Leverkusen zu kandidieren. Dann will »Aufbruch Leverkusen« auch bei der Kommunalwahl antreten. Der Gruppe steht jedoch möglicherweise ein Rechtsstreit wegen ihres Namens bevor. Im Oktober sagte Ulrich Wokulat, ein CDU-Politiker aus Leverkusen, dem Leverkusener Anzeiger, es bestehe eine Verwechslungsgefahr mit dem Verein »Freiheitlich-Konservativer Aufbruch Leverkusen«. Diesen habe er im Januar 2018 ins Vereinsregister eintragen lassen; »Aufbruch Leverkusen« habe sich nach seiner Kenntnis erst am 30. August 2019 gegründet. Wokulat kündigte an, juristisch gegen Beisicht vorzugehen, falls dieser seine Vereinigung nicht umbenenne.

Der »Freiheitlich-Konservative Aufbruch Leverkusen« bezeichnet auf seiner Website die Werte-Union, eine konservative Vereinigung innerhalb der Unionsparteien, als seinen »Bundesverband«. Der Vorsitzende des Leverkusener Vereins ist Markus Sicheneder. Er hat sich zuvor unter anderem an der Leverkusener »Bürgerinitiative Alkenrath/Schlebusch« beteiligt. Diese wandte sich schon 2015 gegen die Politik der örtlichen CDU und warf der Parteiführung in einem auf leverkusen.com dokumentierten Schreiben mit dem Titel »Quo vadis CDU« vor, »jegliches Geschick und Volksnähe« vermissen zu lassen.

Ein Thema, bei dem »Aufbruch Leverkusen« im Kommunalwahlkampf punkten will, ist der geplante Moscheebau im Stadtteil Manfort. Die Moschee war vom mittlerweile in »Maghariba Zentrum Leverkusen – Masjid Nour e. V.« umbenannten »Marokkanischen Eltern- und Jugendverein e. V.« einst als Gemeindezentrum geplant worden. Ersterer ist einem Facebook-Post des Zentralrats der Muslime (ZMD) vom April zufolge Mitglied im ZMD. Seit Mai sorgen neue Baupläne für Aufregung in der Lokalpolitik. Das einst als Zweckbau geplante Zentrum ist inzwischen als Moschee mit Kuppel und Minarett geplant. Der Oberbürgermeister von Leverkusen, Uwe Richrath (SPD), bestätigte, dass die Stadt dem Verein im Januar 2018 die Baugenehmigung für ein Gemeindezentrum inklusive Kuppel und Minarett erteilt hat.

Wie der Leverkusener Anzeiger berichtete, hätte die Moschee dem Grundbucheintrag zufolge zum 19. November 2019 in Betrieb gehen müssen, da dem Verein sonst eine Rückabwicklung des 2014 mit der Stadt Leverkusen abgeschlossenen Grundstückkaufvertrags gedroht hätte. Im Oktober war bis auf Vorarbeiten allerdings noch nicht mit dem Bau begonnen worden. Anfang desselben Monats stimmte eine knappe Mehrheit der Stadtratsmitglieder ­dafür, die Frist um fünf Jahre zu verlängern.