Homestory #27

Erinnern Sie sich noch an Chopper? Nein, nicht an den Typ Motorrad, den Bruce Willis in »Pulp Fiction« fährt. Chopper war ein ­Gespenst in einer oberpfälzischen Zahnarztpraxis, verliebt in die junge Zahnarzthelferin in Ausbildung, sprach aus Spuckbecken, Kloschüsseln und Telefonhörern und avancierte zu einem Medienhype avant la lettre. Das damalige Staatsunternehmen Bundespost versuchte es erfolglos mit einer Fangschaltung und allerlei anderem technischen Schnickschnack. Erst nach Monaten konnte eine eigens eingesetzte Sonderkommission der Polizei den Spuk als Schwindel der Auszubildenden und ihres Chefs entlarven. Das ging von Mai 1981 bis März 1982, ist also fast vier Jahrzehnte her, so dass sich wohl nur die Älteren unter Ihnen daran erinnern dürften.

Nun hat auch Ihre Lieblingszeitung einen Geist, der aus Leitungen spricht. Wobei, so richtig sprechen tut er nicht. Es ist eher ein lautes Brummen, das er von sich gibt. Vorzugsweise dann, wenn die Redaktion sich bei einer Telefonkonferenz in einer hitzigen Diskussion über strittige Themen befindet. Wie polizeikritisch sind wir? Bruuuumm! Was ist vom Sturz historischer Denkmäler zu halten? Bruu­uumm bruuuuhuuumm!
Schon spinnen einzelne Redaktionsmitglieder erste Verschwörungstheorien. Spricht beziehungsweise brummt der Dschungel-Chopper nicht immer dann, wenn eine bestimmte Redakteurin sich äußert? Wer oder was könnte also dahinter stecken? Die meisten Redakteurinnen und Redakteure sind weiterhin davon überzeugt, es müsse eine rationale Erklärung geben. Irgendein Störgeräusch wird es sein, das irgendein in der Nähe des Telefons eines an der Konferenz Teilnehmenden befindliches elektrisches Gerät erzeugt. Doch wo, was und wer? Da zuweilen fast 20 Leute in der Leitung sind, gestaltet sich die Identifizierung schwierig.

Andere vermuten zwar keinen Geist aus dem Jenseits, aber doch eine finstere Macht. Ein Geheimdienst vielleicht? Man überlegt, wie der mit seinen eigenen Waffen zu schlagen wäre. Horst Seehofer, als Bundesinnenminister immerhin oberster Dienstherr des Bundesamts für Verfassungsschutz und der Bundespolizei, bittet ja neuerdings gerne die Redaktionen linker Zeitungen zum Gespräch, wenn sich seine Beamten zuvor ausreichend durch die jeweilige Zeitung beleidigt fühlen.

Ein Plan ist schnell geschmiedet. Wir beleidigen einfach Hotte himself, er lädt uns zum Gespräch, wir fügen ihn zur nächsten ­Telefonkonferenz hinzu und wenn der Dschungel-Chopper auftaucht und wieder vor sich hin brummt, verlassen die Mitglieder des Jungle World-Kollektivs schnell, heimlich und leise die Konferenz, so dass Seehofer allein mit dem kopfschmerzprovozierenden Brummen bleibt. Nimm das, Hotte, du alter Abschiebeminister!