Montag, 09.04.2018 / 12:51 Uhr

»Knud gegen Böse«, Teil sechs- Hallo Frühling!

Von
Knud Kohr

Nur selten gibt es Situationen, in denen ich und der Volksmund einer Meinung sind. Neulich war es mal wieder soweit.

 

»Frühling lässt sein blaues Band wieder flattern durch die Lüfte«, murmelte ich ganz entschieden bewegt, als ich auf der Rollstuhlrampe vor meinem Wohnhaus an den Gestaden der Spree parkte.

 

Kaum war Ostern vorbei, ließ sich nicht mehr mehr leugnen, dass die warme Jahreszeit 2018 begonnen hatte.

 

»Hallo!«, meldete sich eine Frau zu Wort, die gerade vorbeischlenderte. »Genieß ruhig noch ein bisschen das schöne Wetter. Der Winter war ja nun wirklich lang genug.«

 

»Immer eins nach dem anderen. Zunächst werde ich einkaufen gehen. Und gleich danach eine Petition aufsetzen. Wenn es nach mir geht, sollte dringend eine Großstadt im Nordosten Frankreichs nach Dir benannt werden.« Da die Frau in der Nachbarschaft wohnt, kenne ich ihren Namen. Eine Großstadt in Lothringen heißt genauso. Daran, dass sie grinste und dabei ihre Nasenspitze nach oben zog, war zu spüren, dass auch in diesem Frühjahr die Pointen wieder leichter über die Lippe gehen.

 

Ich winkte der schönen Nachbarin mit drei Fingern zu, um zum Supermarkt meines Vertrauens zu rollen. Als ich  nach einer Stunde bepackt wieder zurückkehrte, stand ziemlich schnell fest, dass ich mich auch in diesem Jahr mit geringem Aufwand zur Slapsticknummer machen kann.

 

Da ich im dritten Stock wohne, musste ich die klobige Waschmittelflasche zwischen meine Beine drücken. Direkt unter dem Hals klemmte ich mein Portemonnaie, darüber zwang ich Urinflasche und Schlüssel zu friedlicher Koexistenz. Schön sah das nicht aus.

 

Hätte aber dennoch gut gehen können. Wenn der Fahrstuhl nicht wieder mit schräg nach oben stehender Rampe vor mir gehalten hätte. Ich musste also wenden, und danach rückwärts in die Fahrstuhlkabine einrollen. Nach wenigen Sekunden begannen die Beine zu zittern. Das Telefon fiel während der Fahrt vom Schoß zu Boden und zerbrach dabei in die vorgesehenen drei Teile.

 

Wahrscheinlich bremst der Fahrstuhl immer so ruckartig. Aber diesmal war ich nicht darauf vorbereitet. Als die Tür in meinem Rücken wieder aufging, rutschte mir die Waschmittelflasche zu Boden, und riss dabei die Einkäufe mit sich. Gern würde ich berichten, dass auch noch etwas Unangenehmes mit der Urinflasche passiert wäre. Aber die war gänzlich leer und frisch gesäubert. Und nur für eine nahe liegende Pointe zu lügen, das liegt mir nicht.

 

Es dauerte eine Viertelstunde, bis ich die Lage wieder unter Kontrolle hatte. Dabei sagte ich Dinge, von denen ich hoffe, dass Sie sie nicht in Ihrem aktiven Wortschatz haben.

 

Eine weitere Viertelstunde später schmorte das frisch gekaufte rote Hühnercurry auf dem Herd. Nach alter Väter Sitte genoss ich dazu eine Paprikaschote, die ich oberflächlich abwusch und dann wie einen Apfel aus der Hand knabberte. Der Frühling hatte also begonnen. Völlig ohne Fleischwunden. Immerhin.