Dienstag, 25.09.2018 / 10:52 Uhr

Auf der Flucht missbraucht

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Aus dem Netz

Heute sind es oft nicht mehr nur die Erlebnisse im so genannten Herkunftsland, sondern es ist die jahrelange Flucht, die Menschen schwer traumatisiert. Besonders Frauen erleben systematischen sexuellen Missbrauch.

Das Magazin Das Lamm erzählt eine exemplarische Geschichte:

Flucht ist immer gefährlich. Nicht wenige Menschen verlieren auf dem Weg nach Europa ihr Leben. Fast alle Flüchtenden machen Erfahrungen mit Gewalt, Folter, Sklaverei. „Im Gefängnis in Libyen habe ich jeden Tag zu Gott gebetet, dass ich sterben kann. Ich war nicht stark genug, mir selber das Leben zu nehmen wie einige anderen, aber ich wollte so sehr sterben.“ Yodit hat überlebt. Seit drei Jahren wohnt sie in der Schweiz in der Nähe Zürichs und verfügt über einen anerkannten Flüchtlingsstatus mit B-Bewilligung.

„Ich war immer krank und dann liessen sie mich ein wenig in Ruhe, vielleicht weil sie sich ekelten“.

Die Geschichte der 28-Jährigen aus Eritrea steht stellvertretend für das Leid, welches im besonderen Frauen auf der Flucht angetan wird und welches in der Diskussion um Menschenrechtsverletzungen oft untergeht: Vergewaltigung und sexuelle Gewalt. „Wenn ich meine Geschichte erzähle, dann ist das eine Therapie“, sagt Yodit, und: „Die meisten Menschen, die hierherkommen, erzählen nur einen Teil der Geschichte oder sie schämen sich zu benennen, was ihnen angetan wurde – vor allem die Frauen. Ich will aber, dass du alles weisst.“ (...)

In dem Gefängnis gab es keine Toiletten und alles war voller Fäkalien, das Wort spricht sie auf Deutsch aus. „Unsere Kleider waren verklebt, alles stank und alle waren krank.“ Einen der Wachen nannten die Insassen in Anlehnung an den gleichnamigen amerikanischen Profi-Wrestler „John Cena“. Er war gross, kräftig und schlug alle, Männer, Frauen, Kinder. „Er benutze Stöcke und Stühle und Eisenstangen.“ Sexuelle Gewalt war an der Tagesordnung. „Ich hatte Glück“, sagt Yodit, „ich war immer krank und dann liessen sie mich ein wenig in Ruhe, vielleicht weil sie sich ekelten“. Immer hörte Yodit die Schreie der anderen Frauen und Mädchen. Yodit wollte sterben, sie betete jeden Abend darum, sagt sie.

Yodit stockt. Erst am Ende unseres über zweieinhalbstündigen Gesprächs, als der Übersetzer bereits gegangen ist, kommt Yodit an diesen Punkt in der Erzählung zurück. „Ich kann nicht alles sagen vor ihm“, flüstert sie wie als Entschuldigung. „Einmal von drei, ohne Verhütung. Draussen auf der Strasse neben dem Gefängnis. Sie hielten eine Pistole an meinen Kopf.“