Freitag, 12.10.2018 / 19:46 Uhr

Reise nach Jerusalem

Von
Thomas von der Osten-Sacken

Der Sohn des brasilianischen Präsidenschaftskandidaten meldet sich zu Wort:

If Jair Bolsonaro wins the runoff on Oct. 28 against the leftist former Sao Paulo Mayor Fernando Haddad, there would also be an end to friendly relations with Iran, Eduardo said.

"Pro-Iranian position? It’ll change," he said in his Lower House office decked out with pro-gun and pro-life slogans, a bible on the table and miniature statues of Ronald Reagan and Donald Trump.

Would a Bolsonaro administration follow the U.S. lead in moving its embassy to Jerusalem? “We’re very sympathetic to the idea. Our side is being against Hamas, Hezbollah, the Islamic state. "

The first trip of Bolsonaro as president-elect could be to Israel said, Eduardo

Ich lese über Jair Bosonaro, dass er vor allem von einem tiefsitzenden Hass auf die Linke angetrieben wird. Damit steht er nicht alleine da in der Welt der neuen Populisten.

Und was ist in Lateinamerika besonders mit der Linken konnotiert? Richtig, neben Engagement für indigene Bevölkerung, Feminismus und Antiamerikanismus vor allem ein tiefsitzendes Ressentiment gegen Israel, das sich sich gerne als Palästinasolidarität verkleidet und daherkommt, als wäre sie der Inbegriff internationalistischem Handelns. Dafür kumpelt man gerne mit dem iranischen Regime und anderen miesen Autokraten und Bewegungen. Man denke nur an den "Sozialismus des 21. Jahrhunderts" und die Freundschaft zwischen Chavez und Ahmedinejad.

h

Nun kommt die Rechnung und sie sieht ebenfalls äußerst häßlich aus. Statt aber nun selbstkritisch ihr eigenes Totalversagen zu reflektieren, wenn es um Israel und Antisemitismus geht, werden große Teile dieser Linken in ihrer Niederlage eher noch auftrumpfen und erklären: "Ha, wir haben es doch immer gewusst, Israel ist der natürliche Verbündete der Bolsanos, Orbans und Dutertes." Und so wird man eher noch sein Engagement gegen jüdischen Staat intensivieren. Ja, so wird es vermutlich kommen.

Man möchte sich die Reaktionen erst gar nicht ausmalen, wenn dann wirklich die Reise nach Jerusalem des neuen brasilianischen Präsidenten, so er denn die Stichwahlen gewinnt, stattfinden wird.

Eine Welt, in der es zu einem Markenzeichen dieser erklärten Linkenhasser geworden ist, sich gegen die klerikale Tyrannei in Teheran und für Israel zu positionieren, jedenfalls ist eine durch und durch verkehrte. Und die Linke trägt leider einen guten Teil Mitschuld, dass sie so verkehrt ist.

Es mag längst zu spät sein, aber trotzdem sei hier an den Aufsatz "Der ehrbare Antisemitismus", der eigentlich ein Appell an die Linke war, erinnert, den Jean Améry 1969 schrieb und der mit den folgenden Sätzen endete:

Wenn aus dem geschichtlichen Verhängnis der Juden- beziehungsweise Antisemitenfrage, zu dem durchaus auch die Stiftung des nun einmal bestehenden Staates Israel gehören mag, wiederum die Idee einer jüdischen Schuld konstruiert wird, dann trägt hierfür die Verantwortung eine Linke, die sich selber vergißt, „Der Antizionismus ist ein von Grund auf reaktionäres Phänomen, das von den revolutionären progreslistischen antikolonialistischen Phrasen über Israel verschleiert wird“, sagte neulich Robert Misrahi, ein französischer Philosoph, der, gleich dem vorhin zitierten Claude Lanzmann, zur weiteren Sartre-Familie gehört.

Der Augenblick einer Revision und neuen geistigen Selbstbestreitung der Linken ist gekommen! denn sie ist es, die dem Antisemitismus eine ehrlose dialektische Ehrbarkeit zurückgibt. Die Allianz des antisemitischen Spießer-Stammtisches mit den Barrikaden ist wider die Natur, Sünde wider den Geist, um in der vom Thema erzwungenen Terminologie zu bleiben, Leute wie der polnische General Moçzar können sich die Umfälschung des kruden Antisemitismus zum aktuellen Anti-Israelismus gestatten Die Linke muß redlicher sein, Es gibt keinen ehrbaren Antisemitismus."