Montag, 28.01.2019 / 18:32 Uhr

Assads Sieg: Das denkbar Schlimmste

Von
Aus dem Netz

Kristin Helberg in einem unbedingten lesenswerten Essay über die Folgen von Assads Sieg in und für Syrien und die Region:

Mit Überwachung, Willkür und Folter hält das Regime jeglichen Widerstand in Schach. Ein mafiaähnliches Patronagenetzwerk aus persönlichen Abhängigkeiten und wirtschaftlichen Anreizen sichert Unterstützung. Wer in diesem System überleben will, muss sich unterwerfen. Wer profitieren will, muss Loyalität zeigen. Christoph Reuter, Nahost-Korrespondent des Nachrichtenmagazins „Der Spiegel“, kennt die Herrschaftsmethoden der Assads seit zwanzig Jahren:

„Für Syriens Zukunft als Land, als Volk, ist dieser militärische Sieg von Russlands und Irans Gnaden eigentlich das Schlimmste, was passieren konnte. Niemand wird zur Rechenschaft gezogen. Es kann auch keine Versöhnung geben, weil das Regime weiß, wir leben nur, wir existieren nur weiter, weil die Angst so viel größer ist als jede Unzufriedenheit. Damit wird es keine Aufarbeitung geben, was es geben wird ist Friedhofsruhe für eine begrenzte Zeit.“

Für das Regime sei die Angst vor Verhaftung ein effektives Mittel des Machterhalts, meint Yara Badr vom Zentrum für Medien- und Meinungsfreiheit. Denn in Syriens Haftzentren sterben weiterhin Gefangene an ihren Folterverletzungen, einem unbehandelten Husten, an Erschöpfung und den elenden Haftbedingungen:

„Wir haben in Syrien ein Sprichwort. Dieses ganze System – Geheimdienste, Haftzentren, Verschwindenlassen – ist dazu da, dass du dich nach dem Tod sehnst, ohne ihn zu bekommen. Ungefähr 150.000 bis 250.000 Leute sind seit 2011 verhaftet worden. Alles Menschen, die Familie haben, Frauen, Brüder, Kinder, Mütter. Das bedeutet, dass mindestens eine Million Syrer auf irgendein gutes Zeichen warten“, so Yara Badr.