Mittwoch, 09.01.2019 / 21:51 Uhr

Russland und das sudanesische Regime

Von
Thomas von der Osten-Sacken

Im Sudan gehen die Proteste und Demonstrationen auch im neuen Jahr weiter. Wie kaum anders zu erwarten, reagiert das Regime von Omar al-Bashir mit brutaler Repression. Es wird scharf geschossen, Oppositionelle werden verhaftet und Demonstrationen – kaum, dass sie sich bilden – mit Gewalt aufgelöst. Und wie es scheint hat sich Bashir, sollten seine eigenen Sicherheitskräfte die Aufgabe nicht mehr meistern, schon mal ein paar erfahrene Experten aus dem Ausland geholt. So wurden in der Hauptstadt Khartum jüngst Einheiten der russischen Söldnertruppe Wagner gesichtet:

„Der Politikbeobachter Jon Hudson postete ein Bild auf Twitter, auf dem russische Söldnern mit grünen Tarnuniformen zu sehen waren. In einer Reihe von Twitter-Posts führte Jon Hudson aus, dass die Gruppe von als Europäer beschriebenen Weißen, aus einem russischen Militärlastwagen in Khartum stiegen und sich der Demonstration vom 31. Dezember näherte. Später fügte er hinzu, dass die Fotos des Lastwagens augenscheinlich einen hellbraunen Ural-4320-Allradantrieb-6×6-Lastwagen mit zweitürigem Fahrerhaus zeigen, der als Truppentransporter fungiert, ähnlich wie die Lastkraftwagen, die vom russischen Militär und von russischen privaten militärischen Auftragnehmern eingesetzt werden.“

Wundern würde es einen nicht, sollte Russland nun dem nächsten arabischen Despoten bei der Unterdrückung von Demonstrationen zu Hilfe eilen. Erst vor kurzem hatte al-Bashir seinem Diktatorenkollegen Bashar al-Assad in Damskus einen Besuch abgestattet, der offenbar auch mit russischer Hilfe eingefädelt wurde. Die Visite schien offenbar der Beginn der Wiederaufnahme diplomatischer Beziehungen einer Reihe von arabischen Ländern mit Syrien zu sein.

Einmal mehr scheint Russland bereit, einem bedrängten arabischen Despoten zur Seite zu springen.

Die russisch-sudanesischen Beziehungen haben sich in den vergangenen Jahren stetig vertieft, sowohl ökonomisch als auch politisch. Vor allem braucht der Sudan Devisen, das Land ist nämlich de facto pleite und die Bevölkerung leidet unter der galoppierenden Inflation. Sudani Net, ein regierungsfreundliches Medienunternehmen, behauptete am Montag, Russland habe in der sudanesischen Zentralbank 1 Mrd. USD angelegt, um die Währung des Landes zu stabilisieren, die in diesem Jahr um 85 Prozent gegenüber dem Dollar nachgab. (…) Russland ist einer der wichtigsten Unterstützer des Sudan im UN-Sicherheitsrat und hat sich gegen die Initiativen zur Entsendung von Friedenssicherungsmissionen nach Darfur gewandt, wo die sudanesische Regierung gravierender Menschenrechtsverletzungen beschuldigt wird.“

Bashir wird immerhin mit Haftbefehl gesucht, weil der Internationale  Strafgerichtshof in Den Haag ihn schon vor zehn Jahren „wegen Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit“ angeklagt hat. Aber so etwas stört Vladimir Putin natürlich wenig, der gerade dabei ist Russland zu einer wichtigen Regionalmacht im Nahen Osten auszubauen. Und die dortigen Despoten, von al-Sisi in Ägypten bis zu Assad in Syrien, wissen, dass sie in Russland einen verlässlichen Verbündeten haben, der nicht wegen Menschenrechten, Demokratiedefiziten oder ähnlichem nervt.

Die Söldner von Wagner waren bislang vor allem in Syrien und der Ukraine fürs Grobe zuständig, bekannt wurde ihre Präsenz, als Hunderte von ihnen im vergangenen Jahr von der amerikanischen Luftwaffe in einem Feuergefecht getötet wurden. Wenn Bashir nun auf die Hilfe der Wagner-Truppe zurückgreift, heißt das, er ist sich seiner Macht keineswegs mehr sicher und bereit, sie mit allen Mitteln zu verteidigen. Das syrische Szenario, als 2011 und 2012 die Armee auf friedliche Demonstranten feuerte, scheint damit wahrscheinlicher, sollten die Proteste in nächster Zeit eskalieren. Und einmal mehr scheint Russland bereit, einem bedrängten arabischen Despoten zur Seite zu springen. Die Demonstranten in Khartum und anderswo dagegen sollten sich bewusst sein, dass sie von niemandem Unterstützung erhalten werden. Denn auch in Europa oder den USA hat momentan an einem Sturz des sudanesischen Regimes niemand irgendein Interesse.

Derweil meldet das sudanesische Innenministerium, in den letzten Tagen seien  über 800 Demonstranten festgenommen wurden, bislang sollen 37 Menschen zu Tode gekommen sein.

Beitrag zuerst erschienen auf Mena-Watch