Montag, 08.04.2019 / 12:54 Uhr

Marokkanische Regierung will Proteste ersticken

Von
Aus dem Netz

Nicht nur in Algerien, auch im westlichen Nachbarland brodelt es. Über die Lage in Marroko berichtet für Susanne Kaiser für die NZZ:

Bis zum Sommer 2017 gingen in Hoceima Tausende von Menschen auf die Strasse. Dann führten die Behörden Verhaftungswellen durch. Heute sitzen die meisten Mitglieder des Hirak im Gefängnis oder sind auf der Flucht. Die letzten Aufrührer auf freiem Fuss sind nicht sehr furchteinflössend: ein Haufen Studentinnen und Studenten. Auch die Angehörigen der inhaftierten Aktivisten wirken nicht, wie man sich Staatsfeinde vorstellt: ältere, gesetzte Herren, die bekannte maghrebinische Schriftsteller zitieren und von den zivilisatorischen Errungenschaften ihrer Kultur schwärmen.

Bei einer chaotischen Versammlung, unterm Radar der Polizei, sprechen sie wild durcheinander und fallen sich gegenseitig ins Wort. Zwischendurch wird gestritten und gleichzeitig telefoniert. Das Treffen findet in jenem Haus statt, in dem die Proteste gegen die repressive Politik organisiert wurden. Es gehört der Familie Zefzafi, deren Sohn Nasser den Forderungen der Frustrierten seine Stimme lieh. Er wurde zum Gesicht des Hirak. An diesem Tag gibt es ein einziges Thema: die Haftstrafen. Bis zu zwanzig Jahre wie für den Anführer Nasser wurden den jungen Protestlern aufgebrummt, unter sehr schwierigen Bedingungen. Ein Appellationsgericht hat die hohen Haftstrafen am 6. April bestätigt. (...)

«Neue Proteste könnten ins ganze Land strahlen, wie 2016», das denkt auch der Philosophielehrer Jamal Mahdali. Denn im Grunde bewegt viele Marokkanerinnen und Marokkaner dasselbe: Sie fordern grundsätzliche Rechte und Freiheiten für alle. So grundsätzlich wie ein Ende der Polizeigewalt, ein Spital, eine Universität und ein paar Fabriken.