Interview

2012/20 Samira Kinani im Gespräch über Zwangsehen in Marokko

»Opfer einer ganzen Gesellschaft«

Mitte März nahm sich die 16jährige Amina Filali in Marokko das Leben, nachdem sie mit ihrem Vergewaltiger zwangsverheiratet worden war. Dem marokkanischen Strafgesetzbuch zufolge kann ein Vergewaltiger straffrei davonkommen, wenn er sein minderjähriges Opfer im Einverständnis mit dessen Eltern heiratet. Der Selbstmord des Mädchens sorgte in der marokkanischen Gesellschaft für öffentliche Empörung und Proteste von Feministinnen und zivilgesellschaftlichen Organisationen. Samira Kinani ist stellvertretende Generalsekretärin der Menschenrechtsorganisation Association Marocaine des Droits Humains (AMDH). Die 52jährige Feministin wohnt in der Hauptstadt Rabat und ist Mitglied der Gewerkschaft Union Marocaine du Travail. Mit ihr sprach die Jungle World über den Fall Filali, die Befreiung der Frauen in Marokko und ihre Rolle in den landesweiten Aktionen der Protestbewegung »Mouvement du 20 Février«.

2012/19 Amir-Abbas Fakhravar im Gespräch über die Zukunft der Opposition im Iran

»Ich bin gegen einen israelischen Angriff«

Amir-Abbas Fakhravar kam im Mai 2006 als politischer Flüchtling aus dem Iran zunächst nach Dubai. Im Iran war er zusammen mit anderen politischen Gefangenen des Studentenaufstandes von 1999 mehrere Jahre inhaftiert gewesen. Von Dubai ging er in die USA, wo er sich mit dem damaligen Präsidenten George W. Bush traf. Als Vorsitzender der Konföderation Iranischer Studenten setzt er sich unter anderem für ein Ölembargo gegen die Islamische Republik ein. Die Konföderation Iranischer Studenten, die bis 2001 aus strategischen Gründen den reformorientierten iranischen Präsidenten Khatami unterstützte, fordert heute eine säkulare Demokratie. Mit der Jungle World sprach Fakhravar über seine Reise nach Israel, die Reaktionen darauf und über die Zukunft des Iran.

2012/18 Filomeno Vieira Lopes im Gespräch über die politische Situation in Angola vor den Wahlen

»Wir wollen Betrug verhindern«

Seit 1979 regiert José Eduardo dos Santos von der Partei MPLA, die aus der ehemaligen Befreiungsbewegung hervorging, in Angola. Die Regierung profitiert vom Ölreichtum, gilt als korrupt und geht repressiv gegen Oppositionelle vor. Im September dieses Jahres sollen Wahlen stattfinden. Bei einer Demonstration gegen die Politik der Regierung am 10. März, bei der die Teilnehmenden sofort auseinandergetrieben wurden, wurde der Oppositionspolitiker Filomeno Vieira Lopes von bewaffneten Milizen lebensgefährlich verletzt. Er kam zur Behandlung in ein Berliner Krankenhaus und ist inzwischen außer Lebensgefahr. Der Volkswissenschaftler ist Generalsekretär der angolanischen Oppositionspartei »Bloco Democrático« und Angestellter bei der staatlichen Mineralölfirma Sonangol. Mit der Jungle World sprach er über die Situation in Angola.

2012/17 Gespräch mit David Harris über den Wahlkampf in den USA und den Atomkonflikt mit dem Iran

»Wir wollen keine iranische Bombe«

Der Staat Israel feiert diese Woche seinen 64. Geburtstag. David Harris ist seit 1990 Leiter des weltweit tätigen American Jewish Committee (AJC). Die Jungle World sprach mit ihm über das Geheimnis der »Israel-Lobby«, den Wahlkampf und den demographischen Wandel in den USA sowie über den Atomkonflikt mit dem Iran.

2012/16 Ahmet Şık im Gespräch über Zensur und Unterdrückung der Meinungsfreiheit in der Türke

»Machtkampf der Elite«

In der Türkei unterdrückt die Regierung massiv die Meinungs- und Pressefreiheit. Wie viele seiner Kolleginnen und Kollegen wurde auch der türkische Journalist Ahmet Şık inhaftiert (siehe Seite 12). Ihm wird Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung vorgeworfen. Er hat das Buch »Die Armee des Imam« geschrieben, in dem es um die Unterwanderung des türkischen Polizeiapparats durch Anhänger des Islamisten Fethullah Gülen geht. Vergangene Woche wurde er aus der Haft entlassen. Die Jungle World sprach mit ihm über die Zensur und den Machtkampf innerhalb des türkischen Staats.

2012/14 Marion Böker im Gespräch über geschlechtliche Selbstbestimmung

»Umerziehung ist nicht mehr Standard«

Der elfjährigen Alex wurde bei ihrer Geburt das Geschlecht »männlich« zugewiesen, sie lebt jedoch als Mädchen bei ihrer Mutter in Berlin. Das Kind soll nun durch einen Gerichtsbeschluss vom 23. März in die Psychiatrie zwangseingewiesen werden, da das Berliner Jugendamt und ein Gutachter der Charité Alex’ Identität als behandlungsbedürftige psychische Störung ansehen. Die Jungle World sprach mit Marion Böker über diesen Fall und das Recht auf geschlechtliche Selbstbestimmung. Sie ist Beraterin für Menschenrechte und Genderfragen und unterstützt Alex und ihre Mutter im Sorgerechtsstreit mit der Berliner Justiz.

2012/13 Andrej Holm im Gespräch über die Proteste gegen das »BMW Guggenheim Lab« in Berlin

»BMW steht für die Stadt von gestern«

Laut eigener Website ist das »BMW Guggenheim Lab« ein »mobiles Laboratorium«, in dem »Lösungen für das städtische Leben« gefunden werden sollen. Auf seiner Tour durch neun Städte weltweit in sechs Jahren hätte es ab Mai dieses Jahres für zwei Monate im Berliner Stadtteil Kreuzberg Station machen sollen. Doch dann kamen die »Autonomen« (Die Welt), »Linksextremisten« (Tagesspiegel) oder einfach nur »Mieterinitiativen und stadtpolitische Gruppen« (Taz) und haben es vertrieben. Der Berliner Senat hat das Projekt allerdings noch nicht ganz aufgegeben und sucht nun fieberhaft nach einem Ausweichort – im Gespräch sind die Stadtteile Prenzlauer Berg und Lichtenberg. Die Jungle World sprach mit Andrej Holm, Soziologe an der HU Berlin und Betreiber des »Gentrification Blogs«, darüber, was genau die Gegnerinnen und Gegner des »Lab« an dem Projekt auszusetzen haben.
2012/12 Igor Urrutikoetxea im Gespräch über den baskischen Nationalismus, die Linke und die Eta

»Die baskische Realität ist anders«

In Spanien ruft unter anderem die baskisch-nationalistische Gewerkschaft LAB zu Protesten gegen die Sparmaßnahmen der Regierung auf. Die LAB demonstriert dabei auch für die baskische Unabhängigkeit und gegen die Kriminalisierung baskischer Linker. Im September vergangenen Jahres wurde der langjährige Vorsitzende der LAB, Rafa Díez, im »Bateragune«-Prozess zu zehn Jahren Haft verurteilt. Ihm und anderen Linksnationalisten wurde vorgeworfen, von der baskischen Terrororganisation Eta Befehle entgegengenommen zu haben. Die Jungle World sprach mit Igor Urrutikoetxea über die Kriminalisierung baskischer Linker, die spanische Protestbewegung und baskischen Nationalismus. Er ist Mitglied des Exekutivausschusses und Sekretär für Internationale Beziehungen der LAB.

2012/11 Rasul Jafarov im Gespräch über den Eurovision Song Contest und die autoritären Verhältnisse in Aserbaidschan

»Der Song Contest ist unser Aufhänger«

Während viele Deutsche hoffen, dass »Unser Star für Baku« beim Eurovision Song Contest im Mai diesen Jahres in Aserbaidschan ordentlich abräumen wird, will die aserbaidschanische Regierung unter Präsident Ilham Alijew das Großereignis nutzen, um das Land als lupenreine Demokratie zu präsentieren. Menschenrechtler versuchen hingegen, den Medienrummel zu nutzen, um auf die Menschenrechtsverletzungen in Aserbaidschan hinzuweisen und die Forderung nach demokratischen Reformen zu unterstreichen. Rasul Jafarov ist Sprecher der Kampagne »Sing for Democracy«, an der sich mehrere Menschenrechtsorganisationen beteiligen. Mit ihm sprach die Jungle World über den Erfolg der Kampagne und die Menschenrechtslage in Aserbaidschan.

2012/10 Javier Sicilia im Gespräch über den gescheiterten Krieg gegen den Drogenhandel in Mexiko 

»Die Straflosigkeit ist fast absolut«

Der vom mexikanischen Präsidenten Felipe Calderón ausgerufene Krieg gegen den Drogenhandel hat bislang 50 000 Todesopfer gefordert. Die Mehrheit davon sind Zivilisten. Immer mehr Menschen in Mexiko halten die Strategie des Staates gegen die Drogenkartelle für gescheitert. Ende vergangenen Jahres wurde gegen Calderón eine Anzeige wegen Völkermords vor dem Strafgerichtshof in Den Haag eingereicht. Der mexikanische Schriftsteller und Journalist Javier Sicilia war daran beteiligt.