Guerillero im dunklen Anzug

Richard Perles Rücktritt
von tobias rapp

Am besten hat Richard Perle seinen Job selbst beschrieben. » Als urbane Guerilla in dunklen Anzügen kämpften sie«, nämlich die stellvertretenden Minister in der US-Regierung, »nicht mit AK-47-Gewehren, sondern mit Memos, Positionspapieren, Gesprächsthemen und damit, Informationen durchsickern zu lassen«, schrieb Perle in »Hard Line«, einem Schlüsselroman, den er über seine Jahre in der Reagan-Administration verfasste.

Ob als stellvertretender Minister oder in einer der zahllosen anderen Positionen, die Perle in den letzten 30 Jahren in Washington bekleidete – dies war sein Job: das sagen, was seinen Chefs nicht opportun aber notwendig erschien, Strippen ziehen, Deals machen. Nun ist er genau diesen Mechanismen selbst zum Opfer gefallen, vorläufig wenigstens. Am vergangenen Donnerstag trat Richard Perle von seinem Posten an der Spitze des Defense Policy Board zurück, eines einflussreichen Gremiums, das das Verteidigungsministerium berät.

Den Skandal um seine Tätigkeit für eine Firma, als deren Gesandter er sich mit saudi-arabischen Geschäftsleuten traf, um die Zukunft des Mittleren Ostens zu erörtern, hätte er politisch vielleicht noch überleben können. Dass eine Woche später herauskam, dass Perle 600 000 Dollar für die Anbahnung eines Deals zwischen dem bankrotten Telekomunternehmen Global Crossing und asiatischen Investoren bekommen sollte, hat ihn nun seinen Posten gekostet. Global Crossing versorgt auch den Telefonverkehr der US-Administration und des US-Militärs, weshalb das Pentagon den Verkauf bisher ablehnte.

Unter Ronald Reagan war Perle stellvertretender Verteidigungsminister, er galt allerdings als mächtiger als sein Chef, Caspar Weinberger. Seine unnachgiebige Ablehnung jeder Art von Waffenkontrollen brachte ihm damals den Spitznamen »Prince of Darkness« ein. Wegen seines Lobbying für den Irakkrieg und für eine Neuordnung der arabischen Welt wurde er in den vergangenen Monaten auch immer wieder als »Armchair General« bezeichnet oder als »Beltway Hawk«. Der Beltway ist die Autobahn, die die US-amerikanische Hauptstadt umgibt. Vor kurzem hatte Perle die Uno in einem Artikel für den britischen Guardian für tot erklärt: Die Idee von »Sicherheit durch internationales Recht, garantiert durch internationale Institutionen«, sei eine in »intellektuellen Trümmern« liegende »liberale Eitelkeit«.

Perle ist allerdings nicht der einzige hohe Politiker in Washington, dem enge Kontakte zur Industrie nachgesagt werden, und im Vergleich zu den Deals, die in den kommenden Monaten bevorstehen, wenn es darum gehen wird, den Irak wieder aufzubauen, geht es bei den Geschäften, die ihm nun den Job gekostet haben, um Kleckerbeträge.

Die New York Times schätzt, dass der Wiederaufbau des Irak zwischen 25 und 100 Milliarden Dollar kosten wird. Eine der Firmen, der gute Chancen eingeräumt werden, einen großen Teil dieser Gelder zu bekommen, ist Halliburton, ein Energieanlagen- und Baukonzern, der seit dem Zweiten Weltkrieg immer wieder große Regierungsaufträge bekommen hat. Zuletzt hat Halliburton das Gefangenenlager in Guantanamo errichtet. Vizepräsident Dick Cheney war von 1995 bis 2000 einer der leitenden Manager von Halliburton. Auch der Bechtel Group, einem weiteren Baukonzern, werden gute Kontakte zur Regierung nachgesagt: George Shultz, Außenminister unter Ronald Reagan, sitzt dort im Vorstand, genauso wie Richard Perles ehemaliger Chef, Caspar Weinberger.