Nur geträumt

platte buch

Mindestens einmal im Jahr fahren wir in den Urlaub. Weit weg, irgendwohin, um eine uns fremde Welt kennen zu lernen, die vielleicht besser ist als die, die wir bereits zur Genüge kennen. Die Weltraumforscher aus Zürich dagegen sind dauernd unterwegs und reisen nicht bloß dorthin, wo die »Lonely Planet«-Redaktion auch bereits war, sondern in fremde Galaxien, in andere Universen. Ihre Technik des Reisens ist ganz einfach: Träume sind die Raumschiffe, mit denen sie unterwegs sind und mit denen sie wirklich überall hinkommen. Die Idee mit dem Träumen als kulturelle Praxis hatten bereits die Surrealisten, die Weltraumforscher führen sie fort.

In ihren Songs sind sie dann bald »weit bei den Sternen«, oder sie finden »die andere Seite der Nacht«, und wehe, jemand kommt auf die Idee, sie aufzuwecken.

Die Songs, die auf der Doppel-CD »21 Weltraum-Standards« zu hören sind, sind allesamt wunderbar kauzige Seltsampop-Nummern. Gesang, Beatbox, Gitarre und Flohmarkt-Synthies reichen aus, um eine versponnen psychedelische Atmosphäre zu erzeugen.

Erschienen sind die Stücke in den vergangenen 25 Jahren, meist auf Tapes, die das bevorzugte Veröffentlichungsmedium der Weltraumforscher waren. Erstmalig gibt es sie nun auch auf CD. Bislang hat man den Weltraum vor allem als imaginierten utopischen Ort afroamerikanischer Popkultur wahrgenommen, wo das Elend des Erdenlebens endlich ein Ende haben könnte. Die Weltraum-Standards machen nun klar, dass in den vergangenen zwei Jahrzehnten auch komische Vögel in Zürich von einem besseren Leben irgendwo da draußen geträumt haben.

andreas hartmann

Die Weltraumforscher: 21 Weltraum-Standards (1981–2004). Staubgold/Indigo