Gelbe Wochen

Deutsch-chinesische Beziehungen

von stefan wirner

Im »I Ging«, dem chinesischen »Buch der Wandlungen«, steht im Kapitel »Das Durchbeißen« über den unverbesserlichen Menschen: »Steckt mit dem Hals im hölzernen Kragen, dass die Ohren verschwinden. Unheil!« Fast scheint es, als sei an dieser Stelle Gerhard Schröder beschrieben. Denn in seiner Politik gegenüber China hört er nicht auf andere Stimmen und hält unverdrossen an seinem Plan fest, das Waffenembargo der Europäischen Union gegen China aufheben zu lassen.

Er ist mit seinem Wunsch derzeit fast allein. Das Europa-Parlament verabschiedete in der vorigen Woche eine Entschließung, in der es sich für das Embargo aussprach, das vor 16 Jahren wegen der Niederschlagung der chinesischen Protestbewegung erlassen worden war. Es entschied anders als die Staats- und Regierungschefs der EU im vorigen Dezember, die beschlossen hatten, auf eine Aufhebung des Embargos hinzuarbeiten. Auch der grüne Koalitionspartner protestiert, folgenlos wie gewohnt, gegen Schröders Vorhaben. Und die Opposition sowieso.

Scharfe Kritik ertönt aus den USA. Sollte die EU die Sanktionen tatsächlich aufheben, müssten die USA ihre Sicherheitsbeziehungen zu Europa neu überdenken, sagte Henry Hyde, der Vorsitzende des Ausschusses für Internationale Beziehungen im Repräsentantenhaus, in der vorigen Woche. Doch das kann den Unverbesserlichen nicht aufhalten. Er betreibt zusammen mit dem konservativen französischen Staatspräsidenten, Jacques Chirac, die Annäherung an China, koste es, was es wolle. Dabei bedeute es keineswegs, dass Deutschland nach einer Aufhebung des Embargos Waffen nach China liefern werde, sagte ein Regierungssprecher der Jungle World. »Solche Anfragen würden genauso unseren strengen Rüstungsexportrichtlinien unterliegen wie die anderer Länder auch.« Warum dann das ganze Brimborium?

Schröder legte es in seiner Rede im Bundestag am Donnerstag voriger Woche dar. Es gehe um die »strategische Partnerschaft« mit China und darum, wie die EU und Deutschland »ihre Interessen, ihre Anliegen gegenüber China mittel- und langfristig zur Geltung bringen wollen«. Die Rede war gespickt mit Seitenhieben gegen die USA. Die Frage sei, wie China »zu einem tragenden Pfeiler einer kooperativen und multilateralen Ordnung werden kann«. Seit dem Irak-Krieg ist die »multilaterale Ordnung« das allseits beschworene Gegenbild zum angeblichen Unilateralismus der USA.

Schröder erwähnte auch US-amerikanische Waffenlieferungen an Taiwan und wollte ihre Folgen für die »regionale Stabilität« diskutieren, als ob Taiwan einen Angriff auf China plane. An anderer Stelle sagte er, zwar kritisiere man, dass es in China die Todesstrafe gebe. »Wir sollten aber nicht vergessen, dass es gegen unseren Willen die Todesstrafe auch in anderen Gesellschaften gibt.« Gemeint waren auch hier die USA.

In der Auseinandersetzung darüber, welche Großmächte im asiatischen Raum welchen Einfluss ausüben, stellt sich Schröder wieder einmal zusammen mit Chirac gegen die Amerikaner. Von seinen neuen chinesischen Partnern wurde er dafür mit einem Versprechen belohnt. Qin Gang, ein Sprecher des chinesischen Außenministeriums, sagte am Donnerstag voriger Woche, dass China »eine größere Rolle Deutschlands in multilateralen Institutionen, einschließlich den Vereinten Nationen« unterstütze.

Über China soll Schröders »deutscher Weg« offenbar in den Sicherheitsrat der Uno führen. Sein Gerede vom »Multilateralismus« verschleiert nur die aggressive Art und Weise, mit der seine Regierung ihre Außenpolitik verfolgt.