Yale statt Guantánamo

in die presse

Nicht jeder »feindliche Kombattant« landet im Verlies eines US-amerikanischen Gefangenenlagers. Sayed Rahmatullah Hashemi, der ehemalige Sprecher der Taliban, wurde sogar zum Studium der Politologie an der Universität Yale zugelassen, obwohl sich seine Bildungsqualifikation auf die Absolvierung einer Koranschule beschränkt.

Yale bietet ein »Nondegree Students Program« für Nichtakademiker an, die »ein hohes akademisches Potenzial, Reife und eine klare Motivation« haben. Man sei »sehr wählerisch«, versichert Dekan Peter Salovey im Yale Herald. Und immerhin habe Hashemi ein »Leben voller Erfahrungen« hinter sich gebracht. In den Yale Daily News verweist Gastkommentatorin Bess Hanson darauf, dass Hashemis Mentor, der Außenminister Wakil Muttawakil, »der gemäßigteste in der Taliban-Füh­rung« gewesen sei und auch der neue afghanische Präsident Hamid Kar­zai ihm einen Job angeboten habe.

Viele konservative Kommentatoren geben sich damit nicht zufrieden, zumal Yale den freundlichen Kombattanten des Reserve Officer Training Corps, die Studenten für das US-Militär rekrutieren wollen, den Zugang zum Campus verweigert. »Während die meisten amerikanischen Eltern nur davon träumen können, ihre Kinder auf erstklassige Universitäten zu schicken«, würden diese im Namen der Diversiät »sogar Polizistenmörder auf den Campus einladen«, beklagt Jim Kouri von den Freedom Writers. Tom Barrett verweist auf die »hart verdienten Dollars«, die nun für die Ausbildung eines »Feindes unseres Landes« aus­gegeben werden, und fordert auf der Webseite Conservative Truth: »Die Leute in Yale, die diese fürchterliche Entscheidung getroffen haben, sollten gefeuert werden.« Paul Sherry sieht das Problem grundsätzlicher: »Studenten aus Terror-Staaten sind noch immer willkommen«, in den vergangenen zehn Jahren seien ihnen 16 000 Visa ausgestellt worden.

Vielleicht fehlt den Konservativen aber auch nur der Weitblick. Denn jenseits der Offiziersausbildung, die man Syrern und Iranern schwerlich anbieten kann, gibt es keine bessere Möglichkeit für die Anwerbung von Agenten als ein Studium in den USA. Vielleicht erliegt Ha­she­mi ja den Versuchungen des großen Satans. If you can’t beat them, enroll them.

jörn schulz