Ja, bitte, reißt uns auf!

Wenn euch Männern ein Aufreiß-Berater wirklich dazu bringt, die einfachsten Regeln den Flirtens wieder zu beherrschen, dann schnappt euch eben das Buch »Die perfekte Masche«. von sarah schmidt

So, so, man muss also nur die »perfekte Masche« erlernen, verspricht der Bestseller-Autor Neil Strauss, und schon kann man praktisch jede Frau aufreißen, abschleppen und danach abhaken. Das ist ja ein Ding! Und da ist jetzt tatsächlich ein Mann drauf gekommen!

Das ist das eigentlich Erstaunliche am neuen Hype auf dem Ratgebermarkt.

Was dachten die Jungs denn bislang?

Glaubten sie wirklich, es reiche, schlecht aus­zusehen und vor sich hinzustottern, um uns zu überzeugen? Also wirklich. Das funktioniert doch nie! Außer man trifft auf eine Frau, die gerade in ihrer mitleidigen Phase ist. Und das sind wir nicht allzu oft. Natürlich hat Neil Strauss vollkommen Recht. Es war höchste Zeit, dass endlich mal jemand den Männern den Weg weist. Vielen Dank dafür. Hoffentlich haltet ihr euch in Zukunft daran.

Im Prinzip schreibt hier jemand die einfachs­ten Regeln des Flirtens in klare, einfache und damit auch für Männer verständliche Sätze. Ich weiß nicht, warum die meisten Männer die­se ganz logischen Grundsätze absolut vergessen haben.

Natürlich möchte ich, das ein gewisses Interesse an mir gezeigt wird. Natürlich will ich Komplimente. Und ebenso natürlich weiß ich, dass all dies nicht unbedingt ernst gemeint ist, sondern eine Taktik, die zum Ziel führen soll. Sonst nichts. Und genau das wollen wir doch auch. Sex! Oder Liebe. Oder beides.

Was glaubt ihr denn, wie wir das machen? Genauso, ist doch klar. Das hat schon Nina Hagen im Song »Rangehen« deutlich gesagt. Wenn du scharf bist, musst du rangehen. Sonst passiert nämlich nichts. Und wenn jemand, der nicht gerade toll aussieht, scharf ist, muss er Einsatz zeigen und nicht wie eine beleidigte, aber geile Leberwurst in der Ecke hocken. Es geht nicht um verborgene innere Werte, die uns an euch interessieren, es geht ums Anmachen. Und wenn schon die Aussicht auf Sex mit euch sich als so langweilig darstellt, wie ihr manchmal daherkommt, dann könnt ihr doch im Ernst nicht erwarten, wir würden Interesse zeigen.

Faul herumhängen bringt gar nichts. Und das hat hier endlich mal jemand aufgeschrieben, dem ihr glaubt. Nochmals danke.

Wir Frauen gehen nach demselben Prinzip vor. Unser Interesse an euch ist tatsächlich manchmal geheuchelt. Wir finden euch nicht immer wirklich so großartig, wie wir vorgeben. Manchmal fahren wir uns durch die Haare, einfach nur, weil wir wissen, dass ihr das reizend findet. Das ist die älteste Masche. Erst mal herauslocken, um dann zu sehen, ob sich der Einsatz lohnen könnte. Dann kann man immer noch entscheiden, ob aus der Sache ein einfacher, kurzer Flirt wird, ob sich eine oder mehrere Nächte ergeben oder ob man sich vielleicht sogar ineinander verliebt. Wie soll das sonst gehen?

Und ja: Es ist durchaus anstrengend. Genauso anstrengend, wie ein neues Betriebssystem auf dem Computer zu installieren oder den DVD-Rekorder zu programmieren. Da geht ihr schließlich auch nicht davon aus, dass ihr nur lange genug auf den Bildschirm starren müsst, damit eure Wünsche wie von selbst in Erfüllung gehen. Und oft genug klappt das nicht beim ersten Mal. Genauso funktionieren Frauen.

Ihr mögt einfache Vergleiche, und Neil Strauss gibt sie euch. Also seht uns ruhig wie ein Betriebssystem, mit dem man sich erst mal bekannt machen muss, bevor es rund läuft. Und die bugs im Programm Frau 2006 werdet ihr zwangsläufig zu spüren bekommen, denn oft genug drückt man auf eine Taste, ohne nachzudenken, und schon ist alles kaputt. Das lernt man aber mit der Zeit.

Nehmt euch die Methode Strauss zum Vorbild, geht beim Aufreißen nach seinem System vor, das wird euch helfen. Und uns auch, denn wir erledigen seit etwa 30 Jahren weit mehr als unseren Anteil am Spiel der Geschlechter. Wir übernehmen unseren als auch euren Part, einfach aus der Not heraus, weil sonst gar nichts passiert.

Also sind wir einfach nur froh, wenn ihr euren Teil auch mal wieder erledigt. Das ist wie mit dem Abwaschen, jeder muss mal ran.