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platte buch

Selbstverständlich ist es unfair, kurz nach der Fußballweltmeisterschaft, die für die favorisierten südamerikanischen Mannschaften so desaströs endete, ein Buch vorzustellen, das sich den Mythen rund um den lateinamerikanischen Fußball widmet. Die WM wurde bekanntlich schon im Halbfinale zur EM, die Rede ist von Brasiliens »Arbeitsverweigerern«, und Argentinien hat einsehen müssen, dass man auch Elfmeter schießen können sollte, wenn man Weltmeister werden will. Doch wir widmen uns dem Sammelband »Futbolistas« mit freundlicher Genehmigung der »Weltmeister World«. Und »Weltmeister World« meint: Nachtreten ist erlaubt.

Um was geht’s? Um, wie es im Untertitel des Buches heißt: »Hoffnungen, Helden, Politik und Kommerz« im lateinamerikanischen Fußball. Der Reader erscheint in einem linken Verlag, ist also eher ein Buch der Spielverderber. Es dreht sich neben dem Glanz und der Glorie des lateinamerikanischen Fußballs um so unschöne Dinge wie Rassismus in brasilianischen Stadien, durchdrehende Fans in Argentinien und immer wieder um den fußballerischen »Brain Drain« Lateinamerikas: Zwischen Zuckerhut und Feuerland werden am Fließband junge Superkicker herangezüchtet, die dann aber in europäischen Ligen mit dem Ball zaubern. Sprich: Fußball ist globalisiert, und zwar auf Kosten Lateinamerikas. Wenn Brasilianer ihre Spieler sehen möchten, müssen sie die Spiele in der spanischen Liga ansehen, wo das große Geld sitzt.

Aber es geht noch um viel mehr in diesem Buch. Eigentlich um viel zu viel. Beinahe 50 Essays wurden auf 250 Seiten untergebracht. Themen wie »Frauenfußball in Lateinamerika« oder der Status Pelés können immer nur angeschnitten werden, man hat sich doch arg verzettelt angesichts der Fülle unterschiedlicher Themen. Trotz allem, eins steht fest: Im Jahr 2010 wird Argentinien Weltmeister!

andreas hartmann

Dario Azzellini / Stefan Thimmel (Hg.): ­Futbolistas – Fußball und Lateinamerika. Assoziation A, 256 Seiten, 18 Euro