Nachrichten

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Für unsere Sünden

Madonna. Das Modell Madonna läuft und läuft und läuft. Wieder ist sie auf Welttournee, und wieder drehen die Menschen überall durch, wenn die ewig jugendlich wirkende Oma des Pop auftritt. Dieses Mal liegt es allerdings auch ein wenig daran, dass Madonna mal wieder auf Provokation setzt und wie in ihren besten Zeiten in den frühen Achtzigern, als sie als eine Mischung aus gottesfürchtiger Jungfrau und Sexbiest auftrat, der Kirche Ungenießbares vorsetzt.

Zu ihrer neuen Show gehört, dass sich Madonna während ihres Songs »Live to tell« in Jesuspose an einem Kreuz befestigen lässt und dabei eine Dornenkrone trägt. Bei ihrem Konzert in Rom Anfang August sorgte das für Tumulte und Empörung bei der Kirche. In Moskau hat man das Madonna-Konzert, das für den 11. September auf dem Roten Platz geplant war, deshalb gleich kurzerhand auf einen weniger neuralgischen Ort vor dem Hauptgebäude der Lomonos­sow-Universität verlegt. (aha)

Gaarders Welt

Jostein Gaarder. Vor zehn Jahren waren nicht nur Janoschs Tigerenten in deutschen Jugendzimmern äußerst populär, sondern auch das Buch »Sophies Welt« des norwegischen Schriftstellers Jostein Gaarder. Das Werk nahm das Harry-Potter-Phänomen vorweg. Es wurde für Jugendliche verfasst, aber auch von Erwachsenen geschätzt, es war weltweit maßlos erfolgreich und brachte Kinder, die ansonsten ja angeblich nur noch Fernsehen und Computerspiele im Kopf haben, wieder zum Lesen.

Das Geheimnis von »Sophies Welt« war, dass in dem Buch auch schwierigste Dinge einfach erklärt wurden. Komplizierte Philosophie wurde simplifiziert und so auch für Unbedarftere genießbar gemacht.

Die Vorstellung, komplexe Zusammenhänge auf einfache Formeln zu bringen, scheint Gaarder immer noch umzutreiben. Jahre lang hat man nichts mehr von ihm gehört, und auch »Sophies Welt« ist weitgehend vergessen, doch nun meldet sich Gaarder unangenehm zurück.

Für die Osloer Tageszeitung Aftenposten hat er einen Text abgesondert, der Israel die Existenzberechtigung abspricht und in dem Israel im Grunde genommen bereits untergegangen ist. »Der Staat Israel in seiner gegenwärtigen Form ist Geschichte«, schreibt Gaarder.

In seinem Pamphlet lässt er keine Tirade gegen Israel aus. Er bezeichnet die Isreaelis als »Kindermörder« und spricht davon, Israel habe mit seiner »skrupellosen Kriegskunst und seinen widerwärtigen Waffen seine eigene Existenz massakriert«.

Gaarder hat mit seinem Zeitungsessay für großen Wirbel gesorgt. Die Autorin Mona Levin bezeichnete den Text ihres Kollegen als das Schlimmste seit »Mein Kampf«, und in dänischen Zeitungen ist die Rede davon, dass Gaarder Israel einfach zutiefst hassen müsse. Und so wird es wohl auch sein. (aha)

Das Vinyl lebt

»Welttag der Schallplatte«. In lustiger Weise wurde am Samstag in Wien der »Welttag der Schallplatte« begangen. Am 12. August erinnerte man sich daran, dass an diesem Datum im Jahr 1877 Thomas Alva Edison den Phonographen erfunden hat, das Abspielgerät für Schallplatten.

Für die Feiernden war klar, dass nur die Schallplatte ein tauglicher und schöner Tonträger ist. Für diese Plattenfreaks ist die CD, diese unglamouröse Silberscheibe in einer schnöden Plastikhülle, der Feind, erfunden von der Plattenindustrie, um mehr Geld zu machen.

Unterschiedliche DJs legten Platten auf, und es kam zu rituellen CD-Zerstörungen. Aufgerufen wurde zum CD-Weitwurf, CD-Scheibenschießen und ähnlichen Späßchen auf Kosten des digitalen Ton­trä­gers. (aha)

In Liebe

Arthur Lee. Zu den Platten des psychedelischen Rock, die man unbedingt braucht, gehört ganz bestimmt »Forever Changes« von Love aus dem Jahr 1967. Kaum eine andere Platte aus dieser Ära berührt einen auch noch heute so sehr wie diese mit ihren wunderbaren Softpopnummern und den zum Sterben schönen Psychedelic-Schnul­zen.

Love waren damals eine Sensation auf dem Sunset Strip in Los Angeles, dennoch schafften sie es nie, so berühmt wie die Doors oder Jefferson Airplane zu werden. Sie waren eine der wenigen Rockbands dieser Zeit, in der die Musiker Weiße, der Sänger aber ein Schwarzer war. Bis heute ist diese Kombination übrigens eine Ausnahme, auch wenn TV On The Radio und The Bloc Party gerade die Hype-Bands der Stunde sind.

Arthur Lee war, anders als man beim Hören von »Forever Changes« vermuten könnte, ein echter Derwisch. Auf anderen Love-Platten wollte er in einigen Stücken die Gitarre gar nicht mehr aus der Hand legen, gniedelte sich durch endlos lange Psychedelic-Stücke, schrie sich manchmal förmlich die Seele heraus, er nahm Drogen ohne Ende und gab sich den herrlichsten Exzessen hin.

Nach dem Ende von Love versuchte er es noch mit ein paar Soloplatten, die grauenvoll ausfielen, und fristete fortan ein Leben als Ikone des glamourösen Scheiterns. In den Achtzigern verknackte man ihn wegen eines Drogendelikts, er zündete ein wenig später die Wohnung seiner Lebensgefährtin an und wurde 1996 wegen unerlaubten Waffenbesitzes zu einer langjährigen Haftstrafe verurteilt.

Dass er nicht im Gefängnis vergessen wurde, verdankte er Fans wie der Washingtoner Band The Make Up. Die erklärte Arthur Lee zum Gewährsmann ihres Konzepts, Linksradikalität und Glamour zu vereinen, und nahmen einen Song mit dem Titel »Free Arthur Lee« auf. 2001 ging ihr Wunsch in Erfüllung. Lee durfte das Gefängnis verlassen, begab sich mit Love wieder auf Tour, und vielleicht wäre es irgendwann nochmal zu einer Platte der Band gekommen. Doch dann wurde bekannt, dass Lee an Leukämie erkrankt war. Ende vorletzter Woche erlag er seiner Krankheit. (aha)