Ich glaube, dass ich nichts weiß

ich-ag der woche

Die Welt ist wunderbar und voller Geheimnisse. Doch die Wissenschaft versucht seit Jahrhunderten, die Rätsel der Natur und des Lebens zu lösen und an ihre Stelle banale Rechenformeln und prosaische Theorien zu setzen. Warum bloß? Warum die Beine eines Tausendfüßlers zählen? Warum sich mit Schwarzen Löchern beschäftigen, wo doch die Sternlein so hübsch leuchten am Firmament? Warum die Lehre von der Evolution pauken, wenn es eine Schöpfungsgeschichte gibt?

Man wird sich doch mal dumm stellen und fragen dürfen, meint wohl die hessische Kultusministerin Karin Wolff (CDU), die nichts dagegen hat, wenn im Biologieunterricht die Evolutionslehre und die Schöpfungsgeschichte besprochen werden. Die frühere Religions- und Geschichtslehrerin hält es »für sinnvoll, fächerübergreifende und -verbindende Fragestellungen aufzuwerfen«, sagte sie kürzlich.

Hinter der harmlos klingenden Meinungsäußerung vermuten Kritiker eine Strategie. Denn Wolff mischte sich damit in eine Debatte ein, die ein Themenabend bei Arte über christlichen Fundamentalismus in Europa im September ausgelöst hatte. Der Sender berichtete unter anderem von zwei Schulen in Hessen, an denen im Sinne der Krea­tionisten die Schöpfungslehre zum Lernstoff in Biologie gehörte. Inzwischen konnte man bereits mehrfach von einem neuen »Kulturkampf« lesen, der Humanistische Pressedienst berichtete über »Evangelikale auf dem Weg zur Gewalt«. Und Wolff erhielt viel Kritik und einen offenen Brief vom Verband Deutscher Biologen.

Dass sie in die »Jesus Revolution Army« eingetreten ist, konnte bisher jedoch noch nicht nachgewiesen werden, sondern lediglich, dass sie als Kultusministerin, Mitglied des Bundesvorstandes der CDU und des Evangelischen Arbeitskreises der Partei sowie der Kammer für Bildung und Erziehung der Evangelischen Kirche in Deutschland geradezu vorbildlich Politik, Erziehung und kirchliches Engagement zu verbinden weiß. Aber vielleicht schickt sie ja demnächst aus einer Höhle im Vogelsberg Videobotschaften, in denen sie den Biologen den Krieg erklärt.

regina stötzel