Bomben statt Böller

Der Putsch in Thailand wurde von der Bevölkerung zunächst überwiegend begrüßt. Doch nun geraten die Militärs und die Übergangsregierung in die Kritik. von niklas luhmann

In der Silvesternacht explodierten in Bangkok nicht nur Feuerwerkskörper. Drei Menschen starben bei acht Bombenanschlägen an verschiedenen Plätzen im Zentrum der thailändischen Hauptstadt, 30 Personen wurden verletzt. Es ist unklar, wer hinter den gut koordinierten Anschlägen steht.

Die Übergangsregierung zögerte nicht lange, die »alten Machthaber« um den Medienmogul und ehemaligen Premierminister Thaksin Shinawatra für die Anschläge verantwortlich zu machen. Thaksin wurde im September durch einen Militärputsch gestürzt, die neuen Machthaber werfen ihm vor, er wolle nun das Land destabilisieren und ausländische Investoren abschrecken.

Thaksin selbst beteuerte jedoch umgehend per handgeschriebenem Fax aus dem selbst auferlegten Exil in Peking, dass ihn keinerlei Schuld treffe, und machte die malaiisch-muslimischen Separatisten verantwortlich. Diese haben bislang ihren gewalttätigen Widerstand auf die drei südlichsten Provinzen des Königreiches beschränkt. Auch sprechen die Anschlagsziele und die Bauweise der Bomben wohl gegen Thaksins Vorwurf. Andere Theorien machen das Militär verantwortlich, das daran interessiert sein könnte, einen Vorwand für die Aufrechterhaltung des Kriegs­rechts zu schaffen.

Der Putsch wurde von großen Teilen der Bevölkerung zunächst begrüßt, da viele Thais dem Milliardär Thaksin vorwarfen, die politischen Institutionen korrumpiert und durch seinen selbstherrlichen Führungsstil das Land in zwei Lager gespalten zu haben (Jungle World, 39/06). Zudem hatte der überaus beliebte König Bhumipol der unblutigen Machtübernahme des Militärs zugestimmt.

Nach dem Putsch gründete die Junta unter Leitung von General Sonthi Boonyaratklin den Rat für Nationale Sicherheit (CNS), ein Gremium zur militärischen Kontrolle der Politik. Der CNS setzte eine Übergangsregierung unter Surayud Chu­lanont, einem ehemaligen General und Berater des Königs, ein, die in erster Linie für administrative Aufgaben und Wirtschaftsangelegenheiten verantwortlich ist. Sowohl die Regierung als auch die Militärs versprachen, das Land nur so lange zu regieren, bis durch Neuwahlen nach spätestens einem Jahr eine demokratische Regierung wieder die Macht übernehmen könne.

Doch es mehren sich Zweifel an diesen Zusagen, das Vertrauen in die neuen Machthaber schwindet. In thailändischen Medien kursieren Gerüchte über mögliche neue Putschversuche. Vor allem die städtische Mittelschicht, aber auch ausländische Diplomaten werfen den Regierenden vor, die Korruptionsverfahren gegen den ehemaligen Regierungschef Thaksin nicht schnell genug voranzutreiben. Auch wird ihnen vorgehalten, bei der Einberufung der Versammlung, die eine neue Verfassung ausarbeiten soll, nicht transparent vorzugehen und noch keinen Termin für die versprochenen Neuwahlen in Aussicht gestellt zu haben.

Die Verfassungsänderung soll verhindern, dass noch einmal ein Regierungschef die Institutionen monopolisiert. Viele Thais befürchten, dass Militär und Übergangsregierung beabsichtigen, zu diesem Zwecke autoritäre Institutionen wie den CNS zu etablieren. Unklar ist, ob die Machthaber einerseits ein Comeback Thaksins verhindern können und ob es ihnen zugleich gelingt, sich »selbst in ihrem Amt überflüssig zu machen, ohne eine reale oder imaginierte Abhängigkeit von der unabdingbaren Rolle der Miltärs im politischen Geschäft entstehen zu lassen«, wie die Tageszeitung The Nation fordert.

Die Anschläge zur Jahreswende könnten ein weiterer Anlass für die Militärs sein, das Kriegsrecht beizubehalten, die Sicherheitsbestimmungen im ganzen Land weiter zu verschärfen und noch entschiedener gegen mögliche Regierungsgegner vorzugehen. Das wäre sicherlich kein Schritt zurück zu einer demokratischen konstitutionellen Monarchie.