Kein Handschlag für Ungläubige

Asmaa Abdol-Hamid sorgt in Dänemark mit ihren Äußerungen zum Terror im Irak für Wirbel. Die Kandidatin der linken Enhedslisten arbeitete während des Karikaturenstreits eng mit fundamentalistischen islamischen Organisationen zusammen. von elke wittich

Was Asmaa Abdol-Hamid von den im Irak sta­tionierten dänischen Soldaten hält, machte sie Ende Juli in einem Interview mit der Zeitung Socialistisk Arbejderavis klar: Sie besetzten den Irak genau so, wie es die Nazis mit Dänemark im Zweiten Weltkrieg taten, entsprechend handele es sich bei denjenigen, die sie bekämpfen, nicht um Terroristen, sondern um Widerstandskämpfer, deren Freiheitskampf absolut berechtigt sei.

Diese Äußerung der stets tief verschleiert auftretenden Kandidatin der von Sozialisten und Grünen gebildeten Enhedslisten hatte weitreichende Folgen: Der konservative Politiker Rasmus Jarlov zeigte sie vier Tage später wegen Landesverrats an, seither tobt in Dänemark eine Debatte darüber, ob sich die Fundamentalistin wirklich strafbar gemacht habe oder ob Jarlov einfach nur ein Nazi sei, der einer Immigrantin kein Recht auf freie Meinungsäußerung zugestehen will.

Schlagzeilen machte Abdol-Hamid bereits zwei Jahre zuvor mit einem verweigerten Händedruck. Im Stadtparlament von Odense hatte sie es demonstrativ vermieden, männlichen Kollegen die Hand zu geben.

Abdol-Hamid ist von Beruf allerdings nicht Fernsehmoderatorin, wie in den Medien oft verbreitet wurde, sondern Sozialarbeiterin. Sie war im Frühjahr 2006 vom Sender DR2 lediglich als Gegenpart zu dem atheistischen Journalisten Adam Holm für eine achtteilige Diskussionssendung über den Karikaturenstreit verpflichtet worden, weil sie die Sprecherin fundamentalistischer islamischer Organisationen war, die gegen die Zeitung Jyllands-Posten geklagt hatten.

Einen weiteren Fehler machten ihre Parteifreunde, die den verweigerten Handschlag mit muslimischen Gebräuchen erklärten, nach denen eine Frau sich nicht von Männern anfassen lassen dürfe. Dies mag sein, Abdol-Hamid vermeidet es jedoch auch strikt, nichtmuslimische Frauen zu berühren. Sie wurde deswegen von dem dänischen Publizisten Lars Hedegaard als »Fundamentalistin mit starkem Glauben an eine totalitäre Gesellschaftsordnung und eine Befürworterin strenger Apartheid zwischen reinen und unreinen Menschen« bezeichnet.

Von der linken Enhedslisten wird Abdol-Hamid dagegen als Vorkämpferin für eine multikulturelle Gesellschaft und sich gegen Fremdenfeindlichkeit engagierende Politikerin gefeiert.

In Interviews präsentiert sich Abdol-Hamid gern als selbstbewusste junge Frau, die sich in freier Selbstbestimmung für den Schleier entschieden hat und deren fundamentalistische Überzeugungen einfach nur ihrem tiefen muslimischen Glauben entspringen. Sie kam im Jahr 1986 im Alter von fünf Jahren zusammen mit ihrer Mutter und ihren fünf Geschwistern mit dem Status »palästinensischer Flüchtling« nach Däne­mark. Der Vater folgte erst einige Monate später, nachdem er aus der Haft in den Vereinigten Arabischen Emiraten entlassen worden war.

Asmaa, die sich eigenen Angaben zufolge schon als kleines Mädchen wünschte, endlich einen Schleier tragen zu dürfen, machte Abitur und beendete im Jahr 2004 ihre Ausbildung zur Sozialarbeiterin. Ein Jahr später wurde sie weltweit bekannt, als sie zur Frontfigur der dänischen Proteste gegen die Mohammed-Karikaturen wurde.

Sie arbeitete dabei eng mit fundamentalistischen islamischen Organisationen zusammen. Darunter befanden sich Personen wie Abu Laban, ein mittlerweile verstorbener islamistischer Prediger, der seine Sympathien mit dem Jihadismus offen bekannte, oder Ahmed Akari, der Sprecher des European Committee for Honoring the Prophet.

Wie sie überhaupt zur Sprecherin des fundamentalistischen Protests wurde, ob sie schon vorher Kontakt zu den elf Vereinigungen hatte, die diesen Protest durch gute Kontakte nach Pakistan in die islamische Welt trugen, hat Abdol-Hamid nie beantwortet. Denn wenn es um diese Organisationen geht, deren Ziele teilweise der dänischen Verfassung widersprechen, präsentiert sie sich mit Vorliebe als ahnungslose Idealistin. Als sie von der Tageszeitung Jyllands-Posten im April 2006 gefragt wurde, wie ihre Beziehungen zu der fundamentalistischen Organisation Minhaj-ul-Quran aussähen, antwortete Abdol-Hamid: »Bis vor kurzem hatte ich keine Ahnung, was das für eine Vereinigung ist.«

Dabei war die Organisation Minhaj-ul-Quran (Weg des Korans), die in Dänemark die Einführung der Sharia propagiert, eine der elf Organisationen, als deren Sprecherin Abdol-Hamid fungierte. Was sie von den Zielen dieser Vereinigung hält, sagte Abdol-Hamid nicht.

Dafür ließ sie sich wenig später im Interview mit der Socialistisk Arbejderavis ausgiebig über ihre politischen Ziele aus. »Ich unterstütze den Kampf der irakischen Volksbewegung gegen die Besatzungsmächte. Wie alle anderen haben auch die Iraker das Recht, in einem Land zu leben, in dem sie selber bestimmen.« Auf die Frage, ob sie sich vom bewaffneten Kampf distanziere, antwortete sie auch damals: »Ich bin nicht gegen einen bewaffneten Kampf. Es handelt sich um einen Widerstandskampf, und der ist gerechtfertigt.«

Und sie fuhr fort: Die Situation im Mittleren Osten beschäftige sie sehr. »Irak, Palästina und Libanon sind von fremden Truppen besetzt. Dänemark ist ein Teil der Besatzungsmacht im Irak und zu 100 Prozent gehorsam gegenüber Bush und den USA. Dies ist ein weiterer Grund, warum wir die Fogh-Regierung ablösen müssen. Außerdem ist es notwendig, dass wir zum Beispiel den Kampf der Iraker gegen die Besatzer unterstützen.«

Naser Khader, Gründer der neuen Partei Ny Alliance, bezeichnete Abdol-Hamid daraufhin als eine »verwirrte junge Frau«, die so viel daherrede und sich dabei ständig widerspreche, dass einem »ganz schwindelig davon wird«. Dass die irakische Regierung durch eine freie Wahl legitimiert und entsprechend von den Vereinten Na­tionen anerkannt sei, sei ihrer Aufmerksamkeit offenkundig entgangen, politisch sei sie jedenfalls nicht ernst zu nehmen.

Asmaa Abdol-Hamid ficht solche Kritik nicht an. Und auch der Klage sieht sie, eigenen Angaben zufolge, »sehr gelassen« entgegen. Immerhin habe sie ja nicht dazu aufgerufen, ihre im Irak stationierten dänischen Landsleute umzubringen.