»Die Eltern sind meist überfordert und arm«

In Schwerin ließen Eltern ihre fünfjährige Tochter Lea-Sophie verhungern. Ein Gespräch mit Paula Honkanen-Schoberth, der Geschäftsführerin des deutschen Kinderschutzbundes. Small Talk von Stefan Wirner

Was sind das für Leute, die so mit ihren Kindern umgehen?

Meistens handelt es sich um vollkommen überforderte Eltern. Häufig sind sie sozial benachteiligt und arm, wobei Armut alleine noch nicht zur Vernachlässigung der Kinder führen muss. Aber Arbeitslosigkeit und Armut können zu Perspektivlosigkeit, Kraftlosigkeit und zu Alkoholproblemen führen. Der Druck wird dann oft an die Kinder weitergegeben. Hinzu kommt, dass diese Familien meist isoliert sind. Sie haben keine unterstützenden Angehörigen im Hintergrund, und die Eltern wissen meist gar nicht, wo sie Hilfe bekommen könnten.

Im vorliegenden Fall wird berichtet, dass die Eltern es immerhin geschafft haben, ihre Hunde zu füttern.

Oft hat es auch damit zu tun, dass die Eltern ihre Kinder bestrafen wollen. Sie haben meist keine Vorstellungen von den Bedürfnissen der Kinder und falsche Erwartungen davon, wie sich Kinder verhalten sollten.

Der Spiegel berichtet, die Mutter von Lea-Sophie habe in der ersten Vernehmung ausgesagt, sie habe immer versucht, das Kind zu füttern, es habe aber die Nahrung verweigert.

Darin könnte sich die mangelnde Erfahrung oder aber die verzerrte Wahrnehmung der Mutter äußern.

Wie beurteilen Sie die Vorschläge, die nun gemacht werden, etwa die Einführung von verpflichtenden Vorsorgeuntersuchungen oder von so genannten Familienhebammen, die ­gefährdete Familien begleiten sollen?

Diese frühen Hilfen von Geburt der Kinder an sind wichtig, seien es die Familienhebammen oder die Babybegrüßungspakete. Dann aber muss der Übergang geschaffen werden zu den Müttercafés und Elterntreffs, und die Elternbildung muss verbessert werden. Und diese Angebote müssen vernetzt werde, das ist besonders wichtig.