Diesseits von Afrika

Platte Buch

Von Andreas Hartmann

Die toteste Musik zurzeit ist Indie-Gitarrenrock. Dieses Zeug, das verhärmte Jungs in Hedi-Slimane-Anzügen schon seit viel zu vielen Jahren von sich geben und das lediglich die Einflüsse von The Who, Oasis und irgendwem aus den Achtzigern immer wieder neu variiert.

Es war also höchste Zeit, dass mal was Neues kommt, gerne auch aus New York. Und die Band Vampire Weekend bietet auch etwas Neues. Sie kreist endlich mal nicht nur um den immer gleichen Gitarrenrock­stiefel, sondern bedient sich bei afrikanischen Rhythmen und Folklore, sie bewegt sich also auf den Spuren von Peter Gabriel, Paul Simon und, man muss es leider sagen: Sting. Ein betuliches Verkochen einer anderen Kultur, wie das etwa bei Paul Simons Album »Graceland« bemängelt wurde, muss man bei Vampire Weekend jedoch nicht befürchten. Afrikanische Volks­weisen werden von der Band nicht mit dem Samthandschuh angefasst, sondern mit Raffinesse ins eigene Soundbild gestellt. Immer wenn das reine Rockgedengel schlichtweg zu langweilig zu klingen droht, kommt eine Orgel wie aus Sowetos Straßen hinzu, oder es wird ein afrikanischer Chor eher gefaked als originalgetreu nachgestellt.

Die Debatten, die zu »Graceland« noch geführt wurden, nämlich, ob hier mal wieder Kulturimperialismus am Werk sei, kann man bei Vampire Weekend glücklicherweise hinter sich lassen. Hier geht es um Respekt vor afrikanischer Musik und das Bekenntnis, dass es ohne diese sich nicht mehr lohnt, eine Indiegitarrenplatte aufzunehmen.

Vampire Weekend: Vampire Weekend (XL)