Verbot der Batasuna

Legal, illegal, marginal

Die Büros der Batasuna sind bereits versiegelt. Während die meisten Spanier das Parteiverbot unterstützen, wähnen sich die baskischen Nationalisten ins »Dritte Reich« versetzt.

Das ist die Endlösung! Nur die Gaskammern und Konzentrationslager fehlen noch!« Jon Idigoras, einem Mitglied von Batasuna, war kein historischer Vergleich zu abwegig, um das Verbot seiner Partei zu kritisieren. Und auch der Vorsitzende, Arnaldo Otegi, kommentierte auf der Pressekonferenz der Partei das Verdikt gegen die baskischen Linksnationalisten, in dem er die spanische Zentralregierung mit dem Nationalsozialismus gleichsetzte. Er appellierte an die baskische Regierung, sich den Anweisungen des »faschistischen Regimes Spanien« zu widersetzen, das nach seiner Auffassung nicht nur die »Vernichtung der baskischen Linken, sondern den Genozid am gesamten baskischen Volk« zum Ziel hat.

Mit einer solchen haarsträubenden Geschichtsklitterung will zwar die nationalistische Regierungspartei PNV nichts zu tun haben. Gleichwohl wendet auch sie sich strikt gegen die Illegalisierung Batasunas. Sie wird sich aber den richterlichen und ministerialen Anordnungen fügen, »wenn auch mit einem gewissen Unmut«, erklärte Juan Ibarretxe, der Vorsitzende der PNV. Und so versiegelte die baskische Polizei in der vergangenen Woche die meisten offiziellen Büros und Treffpunkte der Partei.

In den vergangenen Tagen stieg zwar die Angst vor Anschlägen der Eta, der Wachschutz für baskische Politikerfamilien und spanische Einkaufszentren wurde verdoppelt. Doch deutliche Proteste gegen das Verbot blieben aus. Batasuna hatte zwar »alle Demokraten und Antifaschisten« dazu aufgerufen, sich vor den Gebäuden der Partei zu versammeln, damit sie »nicht in die Hände der Faschisten fallen«. Aber es kamen weit weniger Menschen als erwartet, um die Räumungen zu verhindern. Und auch die Auseinandersetzungen fielen nicht besonders heftig aus.

Der mangelnden Beteiligung liegt nicht nur die Angst zugrunde, selbst der Unterstützung einer terroristischen Vereinigung bezichtigt zu werden, sondern auch der schwindende Rückhalt der baskischen Linksnationalen. Die Mehrheit der baskischen Bevölkerung ist zwar gegen das Verbot Batasunas, das Verständnis für deren Haltung gegenüber der Eta tendiert aber nicht erst seit dem Anschlag von Santa Pola gegen null. Dieser Anschlag, bei dem ein Kind getötet wurde, bildete den Anlass für das erste Verbotsverfahren in Spanien nach der Franco-Diktatur.

Das Verbot von Batasuna basiert jedoch nicht auf dem Votum des spanischen Parlaments nach dem neuen Parteiengesetz, sondern auf der gleichzeitig ergangenen einstweiligen Anordnung des Richters Baltasar Garzón. Darin wird der Organisation, gleichgültig unter welchem Namen sie in Zukunft auftritt, für die nächsten drei Jahre jegliche politische Tätigkeit untersagt.

Garzón hat damit die effizienteste Variante der Illegalisierung gewählt. Javier Pérez Royo, ein Verfassungsrechtler aus Sevilla, erläutert diese Taktik so: »Das spanische Strafrecht verbietet Organisationen, die Gewaltdelikte begehen, das Parteiengesetz auch solche, die diese Taten nicht öffentlich verurteilen.« Ein Verbot nach dem Parteiengesetz wäre zwar angesichts des gesellschaftlichen und medialen Drucks so gut wie sicher, es könnte dennoch mehrere Jahre dauern. Zudem habe Batasuna eine Klage in Strasbourg schon angekündigt. »Dagegen lässt sich der Ausgang eines Strafprozesses zwar schwer voraussagen, mit der einstweiligen Verfügung ist Batasuna aber faktisch handlungsunfähig, denn eine Partei, die sich nicht versammeln und nicht öffentlich äußern darf, verschwindet zwangsläufig von der politischen Landkarte.«

Ein Verbot auf der Grundlage des Parteiengesetzes ist politisch sehr umstritten. Der Plan einer demokratischen Einheitsfront gegen den Terrorismus, forciert von der regierenden konservativen Partido Popular (PP) und der sozialdemokratischen Oppositionspartei PSOE, war nicht erfolgreich. Einige nationalistische Regionalparteien stimmten dagegen, andere enthielten sich.

Dabei geht es den Parteien auch um Wählerstimmen. Besonders die PNV, deren Vertreter die Eta bisher nicht behelligte, steht vor einem Dilemma. Sie will sich von der spanischen Zentralregierung abgrenzen und gleichzeitig dem Vorwurf entgehen, die Eta indirekt zu unterstützen. Die Anordnung Garzóns kann sie Wählerstimmen kosten, sie könnte aber genauso vom Verschwinden Batasunas profitieren, spekuliert sie doch ebenso auf die Ressentiments vom Angriff der spanischen Regierung auf »das gesamte Volk der Basken«.

Die außerparlamentarische Linke hingegen lehnt das Verbot durchweg ab und begründet das auch mit der Aushöhlung verfassungsrechtlich abgesicherter Grundrechte und der stärker werdenden Repression gegen die gesamte antistaatliche Linke. »Aus denselben Gründen würden wir das Verbot rechter Parteien ablehnen. Es kann jeden treffen, den die staatliche Autorität als Feind definiert«, ist auf den Seiten von indymedia-Madrid zu lesen. Und erfahrungsgemäß ist das zuerst die radikale Linke.

Diese Kritik bedeutet keine uneingeschränkte Solidarität mit Batasuna. Laura, Mitglied einer feministischen Gruppe in Madrid, erläutert, dass die spanische Linke schon längst mit der Eta und ihrer Umgebung abgeschlossen hat: »Jede soziale Bewegung im Baskenland wird irgendwann in den Sog geraten, sich für oder gegen die militante baskische Unabhängigkeitsbewegung und damit für oder gegen die Eta entscheiden zu müssen. Darauf wollen wir uns nicht einlassen, wir befinden uns schließlich nicht im Krieg. Für uns gibt es nicht nur die Alternative PP oder Eta, sondern andere politische Konzepte, die es zu diskutieren gilt.«

Auf indymedia-Madrid wird außerdem gefordert, den »Widerstand gegen die Ausnahmegesetzgebung der Regierung zu artikulieren«, ohne dabei allerdings zu vergessen, dass »die Aktionen der Eta für uns genauso inakzeptabel sind wie die Borniertheit der baskischen radikalen Linken, die sich jeder emanzipatorischen Perspektive entgegenstellt, die nicht über ethnische Zuordnung und nationalistischen Ausschluss funktioniert«.

Aber auch aus dem Baskenland kommt vermehrt Kritik. Die Organisation Aralar, die sich vor einem Jahr von Batasuna abspaltete, da sie die Eta nicht länger unterstützen wollte, weist »die Forderung derer, die ihre eigenen Ausnahmegesetze - nämlich die der Attentate und der gewalttätigen Verfolgung bestimmter politischer Meinungen - haben, nach einer Verurteilung der Gesetze des Staates zurück«.

Der sich abzeichnende Niedergang der bewaffneten Politik der Eta beruht nicht nur auf dem Erfolg staatlicher Repression, sondern auch auf dem Verfall der baskischen radikalen Linken, die jeden Akt staatlicher Gewalt wiederum als Legitimation für eigene Gegengewalt benutzt. Eine fatale Entwicklung, in der politische Inhalte neben den immer gleichen Phrasen Batasunas (»Gegen den spanischen Faschismus, für Demokratie«) und dem Beharren auf dem Recht auf Autonomie nur noch eine marginale Rolle spielen.

Ein Verbot aber, darin sind sich alle Kritiker einig, ist nicht nur kontraproduktiv, weil die Eta damit neue Morde legitimiert, sondern vor allem, weil die politische Einflussnahme auf eine vollständig illegalisierte Struktur nun viel schwerer ist.