Europa ist Serbien!

In der Schlacht auf dem Amselfeld verteidigte Serbien die europäische Kultur. Es ist deshalb ein Teil Europas.

An diesem Ort, im Herzen Serbiens, auf dem Kosovo Polje, hat vor sechs Jahrhunderten eine der größten Schlachten aller Zeiten stattgefunden. Wie das Leben und die Geschichte spielen, sieht es so aus, als ob Serbien gerade 1989 seinen Staat und seine Würde wiedergewonnen hat, um das historische Ereignis ferner Vergangenheit zu feiern, das für Serbien sowohl symbolisch als auch historisch eine große Bedeutung für die Zukunft hat.

Wenn wir eine Niederlage auf dem Kosovo Polje erlitten haben, dann war das kein Ergebnis der gesellschaftlichen oder militärischen Überlegenheit des Osmanischen Reiches, sondern Ergebnis der tragischen Uneinigkeit an der Spitze des serbischen Staates. Uneinigkeit und Verrat im Kosovo haben das serbische Volk weiter als böses Schicksal durch seine ganze Geschichte hindurch begleitet. Auch später, nach der Gründung des sozialistischen Jugoslawiens, war die Spitze der serbischen Führung uneinig und neigte zu Kompromissen auf dem Rücken des eigenen Volkes. Die Zugeständnisse, die viele der serbischen Führer zum Nachteil des eigenen Volkes machten, wären weder historisch noch ethisch von irgendeinem Volk auf der Welt akzeptiert worden.

Das nationale und historische Wesen der Serben in ihrer ganzen Geschichte, insbesondere auch während der beiden Weltkriege, war die Befreiung von Knechtschaft und das Leben in Freiheit, und so bleibt es auch heute. Die Serben haben sich immer wieder selbst befreit, und wenn es ihnen möglich war, halfen sie auch anderen, sich zu befreien. In Serbien haben niemals nur Serben gelebt. Und das ist natürlich kein Nachteil für Serbien. Im Gegenteil: Es ist ein Vorteil Serbiens. Der einzig maßgebende Unterschied zwischen den Menschen im Sozialismus sollte der Unterschied zwischen denen sein, die arbeiten, und denen, die nicht arbeiten wollen.

Jugoslawien ist eine multinationale Einheit und kann nur überleben, wenn völlige Gleichberechtigung zwischen allen im Land lebenden Nationen hergestellt wird. Dabei ist der Nationalismus das schlimmste Problem. Gleichberechtigte und harmonische Beziehungen zwischen den jugoslawischen Völkern sind die unabdingbare Voraussetzung für das Überleben Jugoslawiens.

Gerade deshalb haben auf dem Amselfeld, vielleicht wie nirgendwo sonst auf dem Boden unseres Heimatlandes die Worte Einigkeit, Solidarität und Gemeinsamkeit so viel Sinn. Die Uneinigkeit, die für die Niederlage in der Schlacht verantwortlich war und auch für das unglückliche Schicksal, das Serbien ganze fünf Jahrhunderte lang ertragen musste, ist im Gedächtnis des serbischen Volkes und wird es bleiben.

Die Kosovo-Schlacht ist auch ein Symbol für Tapferkeit. Die Helden des Kosovo inspirieren seit sechs Jahrhunderten unsere Kreativität, sie nähren unseren Stolz, sie lehren uns, nicht zu vergessen, dass es einmal eine Armee gegeben hat, die tapfer und stolz war - eine der wenigen, die trotz der Niederlage nicht verloren hat. Sechs Jahrhunderte später stehen heute wieder Kämpfe bevor. Es sind keine bewaffneten Kämpfe, die wir auszutragen haben, obwohl auch solche nicht auszuschließen sind.

Vor 600 Jahren verteidigte Serbien hier auf dem Kosovo Polje tapfer nicht nur sich selbst, sondern auch Europa. Serbien stand damals für die Verteidigung europäischer Kultur, Religion und der europäischen Gesellschaft insgesamt. Deshalb ist es heute ungerecht und im Widerspruch zur Geschichte, ja es ist sogar absurd, die Zugehörigkeit Serbiens zu Europa in Zweifel zu ziehen. Serbien gehört zu Europa, heute wie in der Vergangenheit, und zwar auf eine Art und Weise, die seiner Würde und seinem Wesen entspricht. In diesem Geiste möchten wir heute eine Gesellschaft aufbauen, die reich und demokratisch ist. Wir wollen das Unsere tun, um das Streben aller progressiven Menschen unserer Zeit nach einer neuen, schöneren Welt zu unterstützen.

Die Erinnerung an die Tapferkeit der Kosovo-Helden soll ewig leben! Hoch lebe Serbien! Hoch lebe Jugoslawien! Hoch lebe der Frieden, hoch lebe die Brüderlichkeit zwischen den Völkern!

Rede des damaligen serbischen Präsidenten Slobodan Milosevic zur 600-Jahr-Feier der Schlacht auf dem Amselfeld am 28. Juni 1989; redaktionell gekürzt.