Streit bei den Republikanern in Baden-Württemberg

Es darf nur einen geben

Nach der Wahlniederlage der Republikaner in Baden-Württemberg gerät der Parteivorsitzende Rolf Schlierer immer mehr in Bedrängnis.

Am Freitag der vergangenen Woche betrat Rolf Schlierer, der Bundesvorsitzende der Republikaner, den baden-württembergischen Landtag zum letzten Mal als Abgeordneter. Mit dem Ende der Legislaturperiode musste sich die Rep-Fraktion aus dem Landesparlament verabschieden, dem sie neun Jahre lang unter Schlierers Vorsitz angehört hatte. Nach dem Scheitern in ihrer vormaligen Hochburg steht die Partei des westdeutschen Wohlstandschauvinismus nun im landespolitischen Abseits; heute sitzt sie in keinem Landesparlament mehr.

Die Partei geriet zwischen den vom Bundeskanzler proklamierten »Aufstand der Anständigen« auf der einen und die Kampagne für deutsche »Leitkultur« und die Schlacht gegen obskure Repräsentanten von »1968« auf der anderen Seite. CDU-Generalsekretär Laurenz Meyer gab den Böhsen Onkel. Seine Skinheadparole, er sei stolz, ein Deutscher zu sein, brauchte von der CDU in Baden-Württemberg nicht einmal eigens aufgegriffen zu werden, um frühere Rep-Wähler zum Kreuzchen für den konservativen Landesherrn Erwin Teufel zu bewegen.

Die Wahlschlappe in Baden-Württemberg, das ebenfalls schwache Abschneiden der Republikaner bei der Wahl in Rheinland-Pfalz und bei den hessischen Kommunalwahlen waren der Beginn des Hauens und Stechens um die Position des Rep-Anführers. Nach dem ersten Wahlerfolg in Baden-Württemberg konnte Schlierer 1994 seinen Ziehvater Franz Schönhuber im Amt des Parteichefs ablösen. Den Wahlverlierer mag nun aber keiner mehr. Das Ergebnis von 4,4 Prozent der abgegebenen Stimmen, also ein Verlust von 4,7 Prozentpunkten, kann der Spitzenkandidat Schlierer unmöglich als Sieg verkaufen. Schließlich gilt innerhalb der Partei wie auch in allen Organisationen der führerfixierten extremen Rechten: Nur einer kann es sein. Die dichte Konkurrenz sorgt gerade nach Wahlschlappen dafür, dass jene, die sich zum Retter des deutschen Volkes berufen sehen, ihre Organisationen mit in den Abgrund reißen.

Wie sehr Schlierer in Bedrängnis geraten ist, wird in der ersten Nummer des Parteiorgans Der Republikaner nach der Niederlage deutlich. Schlierer ist gleich mehrfach präsent. Ganz aktuell geißelt er die im vergangenen Sommer ausgebrochene »Hysterie 'gegen rechts'«.

Obwohl selbst Redaktionsmitglied des monatlich erscheinenden Blattes, ist er in der eigenen Zeitung als Interviewpartner »zu Gast«. In seinen Antworten auf die devot formulierten Fragen spricht sich Schlierer von jeglicher Verantwortung für das Debakel frei. Die Pleite bei den Wahlen lügt er zu einem »heilsamen Schock« um. Programmatisch soll alles beim Alten bleiben. »Jetzt die inhaltliche Ausrichtung zu verändern, hieße ins offene Messer der Anti-Rechts-Kampagne zu rennen. Die Wähler sind uns nicht abhanden gekommen, weil wir 'zu wenig rechts' gewesen wären«, argumentiert Schlierer gegen innerparteiliche Rivalen wie den baden-württembergischen Landesvorsitzenden Christian Käs. Anders als Käs setzt Schlierer auf ein honoriges Image seiner Partei und eine - zumindest rhetorische - Abgrenzung von der extremen Rechten.

So wundert es kaum, dass er sich noch immer ausdrücklich gegen Vorschläge zur Kooperation mit anderen rechtsextremen Organisationen verwahrt: »Wer jetzt einer sogenannten 'vereinigten Rechten' oder der Kooperation mit Partnern wie DVU oder NPD das Wort reden wollte, hätte nicht kapiert, was die Wähler bei dieser Wahl wirklich bewegt hat. Der Blick nach rückwärts bringt uns nicht weiter. Die Republikaner werden aus eigener Initiative keine Bündnisse mit anderen Parteien anstreben.«

Schlierer gibt den Helden, zeigt sich zum Kampf entschlossen, mutig und zum Opfer bereit. Ein Rücktritt wäre »Feigheit vor dem Feind«, meint der Stuttgarter Arzt und Rechtsanwalt. »Die Partei will weiterkämpfen, und ich werde sie nicht im Stich lassen.« Auch im siebten Jahr als Bundesvorsitzender will Schlierer von einem Rücktritt nichts wissen. Genau den wollen aber etliche in der Partei.

Das weiß auch Schlierer und deshalb warnt er in der Kolumne »Der Vorsitzende hat das Wort« die »lieben Leser« vor »zwei Dingen«, die der Partei jetzt schadeten. Nämlich »die voreiligen Wortmeldungen jener, die schon vor der Landtagswahl auf eine Niederlage der eigenen Partei setzten, um endlich zu neuen rechten Ufern aufbrechen zu können«. Zweitens wettert er in eigener Sache gegen die »ebenso ungebetenen wie primitiven Versuche des 'Verfassungsschutzes', nach der Wahl einen Führungsstreit in die Partei hineinzutragen, um uns zu schwächen«.

Bis hierher könnte sich seine paranoide Konstruktion noch allein darauf beziehen, dass der Verfassungsschutz in öffentlichen Verlautbarungen tatsächlich eine Krise der Reps herbeischreiben zu wollen schien. Doch Schlierer macht klar, dass jegliche innerparteiliche Kritik an ihm als der allerschlimmste Verrat zu werten ist. In aller Deutlichkeit giftet er gegen die »Empfehlungen jener, die dafür ihr Judasgeld vom Innenminister bekommen«.

Schlierer muss sich wirklich arg bedrängt fühlen, wenn er gegen seine innerparteilichen Kritiker denjenigen als Feinbild auffährt, der im christlichen Kulturkreis als Verräter »par excellence« gilt und in dessen Darstellung seit dem Mittelalter die »Ablehnung einer sich allmählich ausbreitenden Geldwirtschaft und ein handfester Antisemitismus« (Herfried Münkler) eingegangen sind.

Wie auch immer der Führungsstreit ausgehen wird, es dürfte wohl nicht mehr gelingen, die Reps wieder flott zu machen. Schlierer und Konsorten werden sich allenfalls damit trösten können, dass erfahrungsgemäß in Deutschland häufig genug Rep-Politik ohne Reps betrieben wird. Derzeitige Parteimitglieder und Sympathisanten, die ihren völkischen Nationalismus mit ihrer Karriereplanung in Einklang bringen wollen, werden sich künftig wohl an der Koch-Clique in der CDU orientieren.