Populärer Präsident Kufuor

Neue Ära, alte Probleme

Obwohl er den Benzinpreis erhöhte und der Kampf gegen die Korruption nur langsam vorankommt, ist der neue ghanaische Präsident Kufuor weiterhin populär.

So Gott will, wird das nicht das Ende der Geschichte sein«, erklärte der ehemalige Sportminister Mallam Isa empört, die polizeiliche Ermittlung gegen ihn sei »einseitig, unfair und vorurteilsbeladen«. John A. Kufuor, der im Januar mit einer pompösen Inaugurationsfeier sein Amt als Präsident antrat, hatte verkündet: Keine Toleranz gegenüber der Korruption! Isa ist der erste Minister, der gefeuert wurde.

Beim Auftritt der ghanaischen Fußballnationalmannschaft im Sudan ging nicht nur das Spiel verloren. Es fehlten auch 46 000 US-Dollar an Spielergeldern. Der Polizeibericht macht Isa allein für die Unterschlagung verantwortlich. Er wurde Ende April verhaftet, aber nach Zahlung einer Kaution wieder freigelassen. Dass Kufuor den unter Diebstahlsverdacht stehenden Minister feuerte, hat zu seiner ungebrochenen Popularität beigetragen. Kufuor hatte am 28. Dezember 2000 die Präsidentschaftswahlen gewonnen. Sein Sieg über Jerry Rawlings, der Ghana seit seinem Militärputsch von 1981 regiert hatte, war von Hunderttausenden im ganzen Land als Beginn einer neuen Ära gefeiert worden.

Seine erste Auslandsreise unternahm Kufuor in das Nachbarland Togo. Der Besuch bei dem international isolierten Diktator Gnassingbé Eyadema wurde von Rawlings' National Democratic Congress (NDC) als Dank für dessen heimliche Unterstützung Kufuors und seiner New Patriotic Party (NPP) im Wahlkampf gewertet. Im Parlament kam es zu Tumulten, die allerdings nur für kurze Zeit von den Korruptionsvorwürfen gegen die alte Administration ablenken konnten.

Jeden Tag berichtet die Presse von neuen Verfehlungen der Regierung Rawlings. Angefangen mit der widerrechtlichen Aneignung von Dienstfahrzeugen über die Unterschlagung von Millionen US-Dollar durch staatliche Einrichtungen bis hin zu illegalen Währungsgeschäften, politischen Morden und Drogengeschäften decken Journalisten jetzt hemmungslos alles auf. Rawlings selbst wird nicht mit all den Fällen von Korruption unter seiner Regierung in Verbindung gebracht.

Allerdings nimmt er weiterhin die Privilegien eines Präsidenten in Anspruch. Ganz selbstverständlich, so die in Ghana umlaufenden Gerüchte, würde er sich Pferde des Militärs für Privatausritte leihen und sich der Regierungsyacht auf dem Voltastausee bemächtigen. Diese Geschichten zeugen von dem Respekt und der Angst, die sein Regime hinterlassen hat. So weiß auch noch niemand genau, wie man mit all den Vorwürfen gegen das alte Regime umgehen soll, ist man doch auf die Mitarbeit seiner Beamten angewiesen. Eine Wahrheitskommission nach südafrikanischem Vorbild wird erst diskutiert.

Neben dem Kampf gegen die Korruption hatte Kufuor eine verstärkte Spar- und Privatisierungspolitk entsprechend den Richtlinien des IWF angekündigt. Die britische Regierung, die dem alten Regime sowieso nicht wohlgesonnen war und nun größere Möglichkeiten in der ehemaligen Kolonie wittert, schenkte der neuen Regierung eine Million Pfund. An der prekären Haushaltssituation ändert das wenig, die Regierung hat Probleme, die Gehälter pünktlich auszuzahlen.

Die Menschen, so hatte Kufuor bei seinem Amtsantritt erklärt, würden »verstehen, dass sie den Gürtel enger schnallen müssen«. Die Preise für Benzin, Strom und Wasser wurden um fast 100 Prozent erhöht, der gesetzliche Mindestlohn dagegen stieg nur um 31 Prozent auf nunmehr 5 500 Cedis (etwa 1,80 Mark) pro Tag. Die meisten Ghanaer ertragen diese Maßnahmen noch mit Geduld. Kufuor soll seine Chance haben, sagen sie.

Auch dass der Kampf gegen die Korruption, vom spektakulären Fall Isa abgesehen, eher langsam verläuft, wird hingenommen. So stellen seit Jahren in Ghana ansässige Unternehmer aus Europa mit Befremden fest, dass die nie ganz korruptionsfreie Zollbehörde in Tema Abgaben für nach dem Gesetz zollfreie Maschinenersatzteile verlangt. Auch das Wahlversprechen der NPP, die vor allen größeren Ortschaften üblichen polizeilichen Kontrollposten abzuschaffen, ist nicht erfüllt worden. Die Kontrollen werden von den Polizisten benutzt, um ihren kargen Lohn aufzubessern, und die Präsenz der Uniformierten ist seit der Amtsübernahme Kufuors sogar noch stärker geworden. Selbst an Sonntagen werden jetzt die Taxifahrer zur Kasse und die Reisenden ganz offen um ein kleines Geschenk gebeten.

»Das Volk ist immer betrogen worden«, sagt ein Taxifahrer in Accra und stellt die Musik lauter, »und anders als bei euch ist der Job als Politiker ein sehr einträgliches Geschäft in Afrika. Also, was soll ich sagen? Ich bin froh, dass mein Bruder mir diesen Wagen aus Holland geschickt hat. Ich fahre von morgens um sechs bis abends um sechs, jeden Tag. Ja, auch ich wollte den Wechsel, damit sich die Dinge verändern. Der Unterschied zur alten Regierung ist, dass ich jetzt nicht mehr den Tank vollmache, sondern so viel tanke, wie ich mir leisten kann. Meine Tankanzeige funktioniert nicht. Ein paarmal bin ich in den letzten Monaten ohne Benzin liegen geblieben. Und alles ist teurer geworden.

Unter der alten Regierung konnte ich für meinen Bruder ein bisschen Geld zurücklegen, damit er hier etwas hat, wenn er uns besuchen kommt. Jetzt habe ich gerade genug, um mich und meine drei Kinder durchzufüttern. Aber Kufuor hat immer noch meine Sympathie. Ich vertraue ihm und ich hoffe, er ist stark genug, sich gegen die schlechten Einflüsse seiner Berater durchzusetzen. Es war immer so, dass die Menschen in Ghana an den integren Führer glaubten. Auch Rawlings unterstellt man nicht, sich persönlich bereichert zu haben. Er hat selbst über seine korrupte Regierung geschimpft.«

Obwohl Kufuor seinen Vertrauensvorschuss noch nicht verbraucht hat, mehrt sich die Kritik an Unfähigkeit und Unprofessionalität in der neuen Administration. Um die Abhängigkeit von den Funktionsträgern des alten Regimes zu mindern, hat er zahlreiche Exilierte in politische Ämter und Beraterposten eingesetzt. Die meisten von ihnen sind mit den Verhältnissen im Land nicht vertraut. Auch der Vorschlag des Finanzministers, Ghana zu einem hochverschuldeten armen Land zu erklären, sorgte für Verwirrung. Die Regierung könnte dann zwar einen Schuldenerlass beantragen, Ghana würde aber jede Kreditwürdigkeit verlieren.

Auf dem Flughafen in Accra sorgte die überraschende Erhöhung der Flughafengebühren um 30 Dollar für Chaos. Reisende, die ihr ganzes Bargeld ausgegeben und keine Kreditkarte dabei hatten, wurden zurückgewiesen. Im eigentlich ausgebuchten Flugzeug der KLM blieben etliche Plätze frei.

Mein Sitznachbar, ein ghanaischer Schrotthändler mit deutschem Pass, erzählte im Hamburger Dialekt von seinem ersten Aufenthalt in Ghana seit zwanzig Jahren, bei dem er sogar den Präsidenten traf. Es ging um Investitionen, der Präsident habe erklärt: »Jetzt ist Ghana ein freies Land. Wir werden alles tun, um ausländischen Investoren die Geschäfte zu erleichtern.«