Collage für Friedrich Gulda

<none>

Er wollte keine Nachrufe. Das Österreich-Hassen gehört wohl zum Beruf des Österreicher-Seins. 1962 stellte sich die Sinnkrise ein. Solche Konzerte wird man so schnell nicht wieder hören, wie jene Ende der sechziger Jahre. Nun drängte es ihn allerdings zum happening. Dabei gab es durchaus Gründe, den Ausnahmeklavierspieler, der in seinem Haus am Attersee einem Herzschlag erlag, zu schätzen: wegen seines einst als hochgradig modern wirkenden Zugangs zum »Wohltemperierten Klavier« von Sebastian Bach, der die motorischen Komponenten hervorhob; wegen der Zurücknahme der Schubertschen Landschaften ins Sachlich-Musikalische. Mit vielen seiner Schallplatten setzte Gulda neue Maßstäbe. Er hätte mit sich zufrieden sein können, er war es nicht.

Seine Tragik war, dass er die Freiheiten im eng gesteckten Rahmen des klassischen Interpreten gering achtete und die Limitierungen der freien Improvisation nicht erkannte; denn wo alles erlaubt ist, ist nichts mehr wichtig. Ganz abgesehen davon, dass Gulda eigentlich nicht swingen konnte. Was er als »freie Musik« bezeichnete, erwies sich auf der Bühne zu oft als Klamauk mit obligatem Geräusch. Halb Schamane, halb Faun, tanzte Gulda ums Klavier, manchmal mit einer Blockflöte, die er wenig schonte, manchmal spärlich bekleidet - was kein genussreicher Anblick war. Irgendwie ging er sich selbst verloren, zuletzt produzierte er - man muss es leider sagen - törichte shows, die im Grunde nur ihn überzeugten. Er wird wohl in Erinnerung bleiben als großer Könner auf einem Feld, das ihm zu klein erschien.
Aus dem Zusammenhang gerissen aus taz, FAZ und NZZ