Deutsche Unternehmer und der Handel mit dem Iran

Im Kleinkrieg

Deutsche Unternehmer passen sich für den Handel mit dem Iran den leicht veränderten Geschäftsbedingungen an.

Krisenstimmung allerorten? Von wegen: Die »wirtschaftlichen Möglichkeiten« bleiben »vielversprechend«. So sehen es zumindest die Optimisten von der »Deutsch-Iranischen Handelskam­mer« (DIHK). Der Verein lud in der vergangenen Woche zu einem Seminar mit dem Thema »Iran-Sanktionen – Praktische Auswirkungen für deutsche Unternehmen« nach Hamburg.
Firmen, »die unsicher sind, ob und wie sich die Sanktionen auf ihre Geschäftstätigkeit auswirken«, galt die Veranstaltung. Im Juli hatte der EU-Ministerrat beschlossen, iranische Vermögen in der EU zu beschlagnahmen. Das traf vor allem die Großbank Melli, die vollständig dem iranischen Staat gehört und über die ein Großteil der Zahlungen im Import und Export getätigt wurde. Eine eigens von dieser Bank entsandte Referentin durfte die Teilnehmer des DIHK-Seminars deshalb über die »Abwicklung von Altfällen der Bank Melli« unterrichten. Eine andere Rednerin brachte die Unternehmer hinsichtlich der »Hermesdeckung für Iran« auf den neuesten Stand. Die Bun­desregierung vergibt nach wie vor Bürgschaften, die die Exportrisiken für deutsche Geschäftsleute im Iran verringern, aber mittlerweile sind »Ausführungen zur besonderen Förderungswürdigkeit« erforderlich.
Es ist also eine gewisse unternehmerische Anpassungs- und Innovationsfähigkeit gefragt, will man weiterhin Handel mit dem Iran treiben – mehr aber nicht. Hilfe gibt es von der DIHK oder der Firma »Management Circle«, die im Januar in Frankfurt ein ähnliches Seminar anbietet mit dem Titel: »Ihr Markterfolg im Iran«.
In den USA könnte ein Verein wie die DIHK seiner Tätigkeit nicht so leicht nachgehen. Dort unterliegt die iranische Saderat-Bank, die Hausbank der Handelskammer, seit 2006 den »Iranian Transactions Regulations«, amerikanischen Banken sind Geschäfte mit ihr untersagt, weil sie im Verdacht steht, die Hisbollah und die Hamas zu finanzieren.
Die Bundesregierung hat zwar im Oktober verlau­ten lassen, sie wolle Firmen davon abhalten, im Iran Handel zu treiben. Aber ein wenig guter Wille musste eben demonstriert werden. Schließ­lich konnten andere westliche Regierungen im August in der iranischen Tehran Times nachlesen, dass die Einfuhr deutscher Produkte in den Iran im ersten Halbjahr 2008 um beinahe 14 Prozent im Vergleich zum selben Zeitraum 2007 zugenommen hatte, und zeigten sich wenig erfreut.
Nun müssen sich also die etwa 1 700 deutschen Firmen, die im Iran tätig sind, mit etwas mehr Einfallsreichtum eine Hermesbürgschaft beschaffen. Dass der deutsch-iranische Handel ansonsten weitgehend unbeeinträchtigt weiterläuft, dürfte die Befürworter des »Dialogs« mit dem Iran freuen. Für sie ist ein strikter, wirtschaftlicher Boykott des Landes der Beginn der Eskalation, eine Gefahr für den Frieden im Nahen Osten, schlicht: eine Form der Kriegstreiberei. Das Gegenteil ist der Fall: Der Export verschafft dem Iran Devisen, der Import die Technologien, zu deren Herstellung er selbst nicht imstande ist. Beides benötigen die Mullahs, um ihre Macht und ihr Atomprogramm aufrechtzuerhalten. Je weiter dieses gediehen ist, desto unausweichlicher wird es für Israel, es militärisch zu beenden. Nicht der Boykott des Iran, sondern der Handel mit ihm ist deshalb Kriegstreiberei – und jeder abgeschlossene Vertrag zwi­schen einem deutschen und einem iranischen Unternehmen eine kleine Kriegserklärung.