Jürgen Elsässers »Volksinitiative«

Volksfront? Querfront!

Der Journalist Jürgen Elsässer hat eine »Volksinitiative gegen Finanzkapital« ­gegründet und zeigt mit ihr, wohin der ­regressive Antikapitalismus führt.

Jürgen Elsässer hat auf seiner Wanderung durch die politische Landschaft entdeckt, dass es wohl am sichersten ist, wenn er seine eigene Organisation gründet. Sie nennt sich »Volksinitiative gegen Finanzkapital«. Der stellvertretende NPD-Vorsitzende Holger Apfel verkündete, der Autor sei bei Positionen angekommen, die seine Partei schon seit Jahren besser und ausführlicher formuliert vertrete. Die NPD werde die »Volksinitiative« solidarisch begleiten.
Elsässers regressiver Antikapitalismus und der völkische Antikapitalismus der NPD vermischen sich bestens. Elsässers Ziel ist eine »breite Volksbewegung« gegen das »internationale Finanzkapital«. Das Potenzial dafür sei gegeben, »die Wut in der Bevölkerung riesengroß«. Seiner »Volksini­tia­tive« gehe es deshalb um die »Herausarbeitung von Ansätzen für eine große Offensive«.
Die Initiative unterschätze das »imperialistische Moment« im Gegensatz zu den meisten Linken nicht. Nichts mit dem Hauptfeind, der im eigenen Land steht – implizit wird der deutsche Natio­nal­­staat von seiner eigenen imperialistischen Rolle freigesprochen, die Krise ist das Ergebnis »eines bewussten Angriffs des anglo-amerikanischen Finanzkapitals auf den Rest der Welt« mit »finanziellen Massenvernichtungswaffen«. Der angebliche Antiimperialismus mutiert zum plumpen und offenen Antiamerikanismus.
Weiter in der gleichen militärischen Sprache: »Bei der Abwehr dieses Angriffs spielt der Nationalstaat die entscheidende Rolle.« Es müsse eine »Koordination der angegriffenen Nationalstaaten« gebildet werden. Dabei sei zu berücksichtigen, dass sich in Deutschland wie anderswo ein »zunehmender Widerspruch zwischen dem Industrie- und dem Bankkapital« entwickle, wobei letzt­genanntes »eng mit den anglo-amerikanischen Angreifern verbunden« sei. Vaterlandsverräter überall! Spätestens an dieser Stelle entpuppt sich Elsässer als eine Kreuzung aus Kaiser Wilhelm II., der keine Parteien, sondern nur noch Deutsche kannte, und dem Nazi-Ideologen Gottfried Feder, der zur Brechung der Zinsknechtschaft aufrief. Den Klassenkampf zum »sektiererischen Unsinn« zu erklären und zum »Aufbau einer Volksfront« unter Einschluss des »national orientierten Industriekapitals« aufzurufen, ist die logische Folge.
Elsässer will mit seinem zum Faschismus geronnenen, regressiven Antikapitalismus »raus aus dem linken Getto«. Das ist ihm gelungen. Unter den etwa 50 Gästen einer Veranstaltung seiner »Volksinitiative« am Samstag in Berlin waren auch bekennende Holocaust-Leugner und Antisemiten (die allerdings Blessuren davontrugen, als eine Gruppe Vermummter dem Versammlungsraum einen Besuch abstattete). Zwar hat sich die »Volksinitiative« mittlerweile von Nazis distanziert. Doch die neuen Freunde bleiben ihr erhalten. Elsässers Kommentar zu einer Solidaritätsdemonstration mit Israel findet sich auch auf einem Blog, der mit dem Spruch »The truth will set you free« aufmacht, der Losung der Internationale der Geschichtsrevisionisten.