Twitter, »digital natives« und »digital immigrants«

140 Zeichen sind zu viel

Twitter ist zwar der letzte Schrei, aber ­viele Twitterer schreiben wie Opa.

Man könnte meinen, sich der Welt in 140 Zeichen mitzuteilen, verlange höchste Dichtkunst, ja treibe die sprachliche Kreativität der digitalen Kultur zu einer Blüte, denn nur verdichtet lasse sich auf derart knappem Raum noch sagen, was die Welt so dringend von uns wissen muss. Kennt man dagegen Twitter, weiß man, dass die Herausforderung vielmehr darin besteht, wie man 140 Zeichen mit nur halbwegs Mitteilens­wertem füllt. Sprachökonomie, die Triebfeder innovativen Sprachgebrauchs, braucht es angesichts der Re­dun­danz beim Twittern einfach nicht. Wer also den Verfall der Sprache fürchtet, tröste sich: Im Deutschen wird auf Twitter, abgesehen von ein paar @, # und RTs, die das Schriftbild verunstalten, meist sogar korrekt groß geschrieben.
Allenfalls einige Teenager schaffen es, Belanglosigkeiten hübsch zu verdichten. Aber wahre digital natives sind ganz entgegen dem Klischee bei Twitter in der Minderheit. Lässt man sich auf die Unterscheidung zwischen digital natives und digital immigrants ein, so muss man tatsächlich sagen: Das Netz ist überfremdet! Studien zufolge sind die meisten Twitterer über 35 Jahre alt und schreiben den thick accent aus Analogistan. Wenn hubertus_heil twittert: »Ich followe @spdde. Du auch?« ist das schon fast kreativ. Sollte man solch Assimilationswilligen Aufenthaltsgenehmigungen gewähren? Soll man sie dafür gar auf Studi-VZ gruscheln?
Nein! Es ist höchste Zeit für Internetsperren für Parteibüros, höchste Zeit, der sprachlichen Konter­revolution ordentlichen Kürzelsalat entgegenzuwerfen. Spätestens wenn der NPD-Kandidat Claus Cremer twittert: »An diesem sonnigen 1. Mai gab es zahlreiche nationale Veranstaltungen, aber leider auch unschöne Szenen linker Gewalt«, oder Dieter Stein, Chefredakteur der Jungen Freiheit, in Ernst-Jünger-Zitaten über das Für und Wider Twitters twittert, dann gibt es nur eins: STFU! HDF! PO! VPE!