Die Kriegsverbrechen der Legion Condor im Spanischen Bürgerkrieg

An der Möldersstraße rechts abbiegen

Vor ziemlich genau siebzig Jahren beging die Legion Condor Kriegsverbrechen in Spanien, von denen General Franco im Bürgerkrieg profitierte. Bis heute ist dies nicht komplett aufgearbeitet.

Am 6. Juni vor 70 Jahren marschierten die Truppen der Legion Condor in einer Siegesparade durch Berlin. Mit Parade und anschließendem Appell im Lustgarten inszenierte die Naziführung ihren ersten militärischen Sieg. Die ganze Stadt wurde mit Hakenkreuzfahnen geschmückt, die Berliner standen Spalier, um ihre Kriegshelden zu bejubeln, die Kinder bekamen an diesem Tag schulfrei. Gleichzeitig ergoss sich über die deutsche Öffentlichkeit eine wahre Flut von Zeitungsberichten zum Einsatz der Legion Condor. Die Siegesfeier wurde für die Nazis zu einem nachhaltigen Propagandaerfolg. Damit der Tag den Berlinern in Erinnerung blieb, erhielt die »Wannseestraße« in Zehlendorf den Namen »Spanische Allee«. So heißt sie heute noch.

Spanien diente Hitler als Generalprobe für seinen Vernichtungskrieg in Europa
Die von der Legion Condor an der spanischen Zivilbevölkerung verübten Kriegsverbrechen – dem Luftangriff auf Guernica fielen Hunderte Zivilisten zum Opfer – sind bis heute ungesühnt. Aus dem anfangs eher sporadischen Zusammenspiel zwischen Francos Bodentruppen und deutschen Luftwaffenverbänden entwickelte sich ein strategisches Konzept, das für den weiteren Verlauf des Bürgerkriegs charakteristisch werden sollte. Die Republikaner wurden aus ihren Verteidigungsstellungen gebombt, die feindliche Infanterie rückte nach, während die sich zurückziehenden republikanischen Soldaten und die fliehende Zivilbevölkerung von deutschen Bomber- und Jagdstaffeln attackiert wurden.
Nachdem der Vormarsch der franquistischen Truppen durch die zunehmende Gegenwehr der republikanischen Verbände zum Stehen gekommen war, konzentrierte sich die Legion Condor unter Führung des Generalmajors Hugo Sperrle und seines Stabschefs Wolfram von Richthofen auf die Erprobung neuer Waffensysteme und Luftkriegstechniken. Nach einer im Dezember 1936 begonnenen Testreihe wurden die durch die Bombenwirkung verursachten Schäden schriftlich wie fotografisch dokumentiert. Bei der im Rahmen dieser Simulation von Richthofen am 14. Dezember 1936 kommandierten Bombardierung von Bujalance und Montoro starben etwa 100 Menschen; mehr als 200 Gebäude wurden zerstört.
Im Frühjahr 1937 befahl Franco angesichts der Misserfolge bei den Angriffen auf Madrid und auf Ratschlag der Legion-Condor-Führung den Angriff auf den militärisch schwachen, aber rohstoffreichen Norden Spaniens. Hier wurde das im Sommer 1936 erstmals erprobte strategische Konzept mit Erfolg angewendet. Die Stellungen der republikanischen Soldaten im baskischen Bergland wurden durch systematische Bombardements für einen anschließenden Angriff der Infanterie vorbereitet; das gleiche galt für die baskischen Städte Ochandiano, Durango, Elorrio, Eibar oder Guernica, die an Knotenpunkten für den Nachschub lagen, und für Straßen, auf denen Zivilisten und Soldaten vor dem nachrückenden Feind flohen.
Beim Angriff auf Guernica am 26. April 1937 wurde das Zusammenwirken von Bombern und Jägern sowie ein neues Bombenabwurfverfahren erprobt. Der britische Kriegsberichterstatter George L. Steer berichtete als erster über den Luftangriff: »Zuerst warfen kleine Gruppen von Flugzeugen schwere Bomben und Handgranaten über der ganzen Stadt ab, wobei sie sich hübsch ordentlich ein Gebiet nach dem anderen vornahmen. Dann kamen die Jagdflieger im Tiefflug und beschossen aus Maschinengewehren die, die in Panik aus den [bereits getroffenen] Bunkern rannten. (…) Das Ziel war es offenbar, die Bevölkerung wieder unter die Erde zu treiben, denn nun erschienen bis zu 12 Bomber auf einmal und warfen schwere Bomben und Brandbomben, (…) um die Häuser zu zerstören und sie über den Opfern verbrennen zu lassen.«
Die Reihe der von der Legion Condor begangenen Kriegsverbrechen setzte sich bei den Kämpfen am Ebro-Bogen im Sommer 1938 sowie dem Dauerbombardement der katalanischen Hauptstadt Barcelona zwischen dem 21. und 25. Januar 1939 fort. Tausende Einwohner Barcelonas fielen den Luftangriffen und anschließenden Massakern der franquistischen Truppen zum Opfer.

Späte Korrektur eines bewusst verfälschten Geschichtsbildes
Ungeachtet dieser zahlreichen Kriegsverbrechen blieben die Einsätze der Legion Condor in der Bundesrepublik Deutschland vielfach Gegenstand unreflektierter Verehrung. Dies führte zu zahlreichen Namensgebungen von Einrichtungen sowohl außer- als auch innerhalb der Bundeswehr. Diesem Spuk setzte erst der damalige Bundesminister der Verteidigung, Peter Struck, im Jahre 2005 mit der Umbenennung der nach dem Legion-Condor-Jagdflieger Werner Mölders benannten Bundeswehreinrichtung ein Ende. Grundlage für die Entfernung des belasteten Namens war ein Beschluss des Deutschen Bundestages vom 24. April 1998 sowie ein Gutachten des Militärgeschichtlichen Forschungsamtes Potsdam aus dem Jahr 2004. Das Parlament hatte vor dem Hintergrund des 60. Jahrestags der Bombardierung der spanischen Stadt Guernica durch die Legion Condor entschieden, für Bundeswehreinrichtungen Namen der Angehörigen dieser Einheit nicht weiter zu verwenden. Bereits erfolgte Benennungen von Bundeswehreinrichtungen nach Mitgliedern der Legion Condor seien aufzuheben.
Trotz dieser eindeutigen Entscheidungen zeigt sich die Kamarilla der Mölders-Anhänger, unter ihnen ehemalige Generale der Bundeswehr, unverbesserlich. Kritiker der Mölders-Verehrung werden angegriffen, öffentlich diffamiert und mit Klagedrohungen unter Druck gesetzt. Bestärkt werden die Mölders-Anhänger unter anderem durch die Tatsache, dass der Legion Condor auch heute noch in der Öffentlichkeit ehrendes Andenken zuteil wird. Außer der Spanischen Allee in Berlin gibt es in zahlreichen deutschen Städten nach wie vor Möldersstraßen.
Dazu kommt: Die ehemaligen Spanien-Kämpfer in der Bundesrepublik mussten jahrzehntelang um ihre Anerkennung kämpfen. Während in der DDR die Geschichte der Spanienkämpfer in die Tradition des antifaschistischen Widerstandes einbezogen wurde, stießen sie in der Bundesrepublik als »rote Söldner« auf Ablehnung, zumal die Adenauer-Regierung zum Franco-Regime gute Beziehungen unterhielt. Erst 1972 wurden die ehemaligen Interbrigadisten in ihren Versorgungsansprüche den Condor-Legionären gleichgestellt.

Deutsche Linke und jüdische Freiwillige im Spanischen Bürgerkrieg
Mehr als 5 000 Deutsche kämpften in den Milizen, im Heer der Republik und in den Internationalen Brigaden für Spaniens Freiheit. Einer der bedeutendsten Persönlichkeiten der deutschsprachigen Emigration, der aus Österreich stammende Sozialdemokrat Julius Deutsch, Frontoffizier im Ersten Weltkrieg, nach dem Krieg zeitweilig Staatssekretär im Wiener Heeresministerium, ging als Militärberater nach Spanien, wurde dann General und Kommandeur der 3. Spanischen Division. Der sozial­demokratische Journalist Rolf Reventlow war zunächst Leiter des Sekretariats für inter­nationale Propaganda der Sozialistischen Spanischen Arbeiterpartei (PSOE), später dann ­Offizier und Bataillonskommandeur.
Die Kampfgruppe »Thälmann«, im Juli 1936 als erste internationale Einheit aufgestellt, wurde beispielsweise von dem deutschen Juden Max Friedemann geführt. Auch der österreichische Jude Manfred Stern und der Schriftsteller Ludwig Renn und viele andere KPDler leiteten jeweils eine Brigade. Renn hatte im Ersten Weltkrieg unter seinem Geburtsnamen Arnold Vieth von Golssenau als königlich-sächsischer Gardeoffizier gedient und war Ende der zwanziger Jahre der KPD beigetreten.
Auch in den anarchistischen Milizen kämpften etwa 200 Deutsche, bekannt ist der Name einer kleinen Einheit, die »Centuria Erich Mühsam«.
Wie viele Spanien-Kämpfer in den Schlachten des Bürgerkriegs ihr Leben ließen, lässt sich heute nicht mehr feststellen. Zuverlässige Schätzungen gehen von einer Verlustziffer von 17 bis 25 Prozent aus. Ein großer Teil der im Zuge der Demobilisierung der Internationalen Brigaden ab Ende September 1938 nach Frankreich entlassenen jüdischen Spanien-Kämpfer musste nun, gerade dem Schrecken des Krieges entronnen, weiter um ihr Leben kämpfen. Die Spanien-Kämpfer deutscher und österreichischer Nationalität wurden bei Kriegsausbruch aufgrund eines Dekrets vom 18. November 1939 als »feindliche Ausländer« in den französischen ­Lagern Gurs und Le Vernet interniert, ab Sommer 1940, sofern sie nicht untertauchen konnten oder sich der Résistance anschlossen, den NS-Behörden ausgeliefert und in den Vernichtungslagern der Nazis ermordet.
Gerade angesichts des Schicksals der ehemaligen Spanien-Kämpfer, die nach Ende des Bürgerkriegs in die Hände der spanischen und deutschen Faschisten fielen, erscheint das Festhalten an mit der Legion Condor in Verbindung stehenden Traditionsnamen besonders verwerflich, denn: »Wer ein Gedenken an die Täter zulässt, der verhöhnt die Opfer!«