Minister und Milizen

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Am Samstag sollte der Wahlkampf beginnen, doch einige Soldaten hatten ihre eigenen Vorstellungen über die Kandidatenauswahl. Am Freitagmorgen stürmten bewaffnete Männer in Militäruniformen das Haus des Präsidentschaftskandidaten Baciro Dabo in der Hauptstadt Bissau und erschossen den früheren Innenminister. Erst drei Monate zuvor war der Armeechef von einer Bombe getötet worden, kurz darauf ermordeten Soldaten den Präsidenten Joao Bernardo »Nino« Vieira, den sie für das Attentat verantwortlich machten. Die Ursache für die Instabilität liege in der Militärstruktur selbst, sagte der frühere Ministerpräsident Aristide Gomes. »Macht bekommt man nicht allein durch Wahlen. Um Macht in Guinea-Bissau ausüben zu können, benötigt man Verbündete in der Miliz.«
Die Armee ist faktisch in rivalisierende Milizen zerfallen, die Offiziere agieren wie Warlords und Clanchefs. Sie sind Verbündete der Drogenkartelle, die das westafrikanische Land als Drehscheibe für den Kokainhandel zwischen Lateinamerika und ­Europa nutzen. »Eine radikale Militärreform ist der einzige Weg, den Zyklus von Attentaten zu stoppen«, stellt Gomes fest. Von welcher Fraktion das Attentat auf den Präsidentschaftskandidaten Dabo verübt wurde, bleibt unklar. Lokale Journalisten berichten, dass Militärs Dabo töteten, da sie im Falle seines Wahlsieges mit strafrechtlicher Verfolgung rechnen mussten. Nach Angaben des Geheimdienstes hingegen wurden Dabo sowie zwei weitere ehemalige Minister von der Militärpolizei getötet, um einen geplanten Umsturz zu vereiteln. Pedro Infanda zog seine Kandidatur zurück, doch trotz des hohen Berufsrisikos gibt es weiterhin Bewer­ber für das Amt des Präsidenten. Die Präsidentschaftswahlen sollen wie geplant am 28. Juni stattfinden. Joao Bernardo de Miranda, der Gesandte der Afrikanischen Union, betrachtet die Wahl als »ersten Schritt zur Stabilisierung des Landes«.   LN