Griechische Lehrer wehren sich gegen Prüfungen

Unterrichtseinheit Randale

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Der Anfang vom Ende der Regierung Simitis - so bewerten Beobachter die Ereignisse der vergangenen Woche in Griechenland. In 30 Schulen des Landes sollte von Freitag bis Montag die von Pädagogen sogenannte "Prüfung der Schande" stattfinden. Ziel der Prüfung, die Teil der umstrittenen Bildungsreform von Bildungsminister Gerassimos Arsenis ist, war das Aussieben von etwa 150 000 arbeitslosen, gar nicht oder nur stundenweise lehrenden, auf die Verbeamtung wartenden Pädagogen. Diese Reform ist Teil der Sparmaßnahmen im Öffentlichen Dienst, mit denen die griechische Regierung die Kriterien für den Beitritt zur Europäischen Wirtschaftsunion (EWU) erfüllen will.

Die Erzieher hatten bislang über Wartelisten, die sogenannten Senioritätslisten, nach einer gewissen Zeit den Beamtenstatus erlangen können. Nach den vorgesehenen Prüfungen sollte dies nur noch für die Besten gelten, während der Rest in die Arbeitslosigkeit entlassen werden sollte. Schulbesetzungen, Straßenschlachten, zahlreiche Verletzte und Verhaftete sind die bisherigen Prüfungsergebnisse.

Nachdem die betroffenen Pädagogen schon seit Wochen gegen das Ausleseverfahren mobilisiert hatten, rief vergangene Woche nun auch die zuständige Gewerkschaft (OLME) für den 11. und 12. Juni zum Streik auf, um die örtlichen Aktionen zu unterstützen. Besetzungen von Prüfungszentren erfolgten bereits am 10. Juni auf Rhodos, in Pirgos und Kosani. Einen Tag später kam es bei Besetzungsversuchen in Athen, Thessaloniki, Agrinio und drei weiteren Städten zu Straßenschlachten. Polizei-Sondereinheiten (MAT) mißhandelten in Athen zwei Festgenommene so schwer, daß diese in Krankenhäuser eingeliefert werden mußten. Die Demonstranten warfen Flaschen und Steine, mehrere Autos wurden umgestürzt und als Barrikaden verwendet. Gegen Abend des gleichen Tages sprengte eine "Anarchistische Patrouille" aus Protest gegen die Polizeigewalt den Eingangsbereich einer Filiale der Landwirtschaftsbank in Athen. Auseinandersetzungen fanden auch in Ioanina, Patras und Pirgos statt. Der nächste Tag begann so, wie der vergangene geendet hatte: Bereits in den frühen Morgenstunden kam es in zehn griechischen Städten bei dem Versuch, die Prüfungszentren doch noch zu besetzen oder zumindest die Durchführung der Prozedur zu verhindern, zu neuen Straßenkämpfen.

In Agrinio stürmten MAT-Einheiten das von Pädagogen besetzte Prüfungszentrum, worauf diese Barrikaden anzündeten. In drei Städten, in denen die Besetzung der Zentren gelungen war, begann die Prüfung in eilig hergerichteten Ersatzräumen, auch hier flankiert von Auseinandersetzungen in der direkten Umgebung. Stundenlange Straßenschlachten gab es ab dem frühen Morgen vor drei Prüfungszentren in Athen und Thessaloniki. Insgesamt wurden bei den Auseinandersetzungen etwa 50 Demonstranten vorläufig festgenommen, über die Anzahl der Verletzten wurden bislang keine Angaben gemacht.

Von den 150 000 von der Prüfung Betroffenen hatte sich rund ein Drittel zur Prüfung gemeldet. Jedoch erschienen am ersten Tag nur 6 000 der erwarteten 18 000 Prüflinge. Die Lehrergewerkschaft OLME kündigte an, gerichtlich gegen die Wertung der Prüfungen vorgehen zu wollen. Bildungsminister Arsenis schloß jedoch eine Wiederholung der Prüfungen aus und setzt, zusammen mit der von der sozialdemokratischen Pasok gestellten Regierung, darauf, daß sich die Wogen wieder glätten.