Der Holocaust als »karmischer Ausgleich«

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Der Esoterik-Autor Tom Hockemeyer, Pseudonym Trutz Hardo, muß sich seit Anfang April wegen seines Romans "Jedem das Seine" vor Gericht verantworten. Die Staatsanwaltschaft Koblenz wirft ihm vor, den Holocaust zu verharmlosen sowie das Andenken Verstorbener zu beleidigen und zu verunglimpfen. Hockemeyer bezeichnet Auschwitz als vorbestimmtes karmisches Schicksal der Juden, durch welches Untaten in einem früheren Leben gesühnt würden. Über Hitler fabuliert Hockemeyer: "Bedenke, nicht er hat den Juden das Schicksal der Gaskammern zuerteilt, sondern jene haben es sich ausgesucht (...)" Im November 1996 demonstrierten Antifas gegen einen Auftritt des esoterischen Antisemiten in Darmstadt. Der hessische Landesverband der jüdischen Gemeinden erstattete Anzeige gegen Hockemeyer. Der wiederum bekam Unterstützung von Roman Schweidlenka, einem ehemaligen Esoterik-Kritiker und gewandelten Bioregionalisten. Schweidlenka rügte in esotera die Demonstration als "Hexenjagd auf Esoteriker". Schweidlenka ist Mitarbeiter der anthroposophischen Zeitschrift Novalis sowie des Eso-Blattes Die andere Realität. Dort werden unter anderem Nachrichten aus dem "Jenseits" von Rudolf Heß verkündet und Hockemeyers Gesinungsgenosse Jan Udo Holey alias Jan van Helsing schreibt über die jüdisch-freimaurerisch-bolschewistische Weltverschwörung. Holey wartet wegen seines Machwerkes "Geheimgesellschaften" selbst auf einen Prozeß wegen Volksverhetzung. In der Schweiz gab es zuvor eine Strafanzeige wegen Verstoßes gegen das Antirassismus-Gesetz. Hockemeyer erklärte in einem Interview in Die andere Realität, viele Menschen hätten sich Anfang des Jahrhunderts als Juden inkarniert, "um ihren karmischen Ausgleich vor Beginn des Wassermannzeitalters zu bewirken".

Die Verfahren gegen Hockemeyer und Holey sind juristisches Neuland mit Konsequenzen für die Esoterik-Szene. Die immer offener vertretenen Antisemitismen sind logisches Produkt einer Karmalehre, derzufolge das Diesseits quasi vom Kontostand früherer Leben bestimmt ist. Hockemeyer verteidigt sich gegen den Vorwurf der Volksverhetzung mit der abstrusen Behauptung: "Ich bin selbst in meinem früheren Leben ein Jude gewesen und unter dem Pogrom umgekommen."