Ein Z mit Null

Das freie Nürnberger Radio Z schlägt sich seit 10 Jahren durch

"Wir sind das Uni-Streikradio". Sylvia Glawion, Geschäftsführerin beim alternativen Nürnberger Radiosender Z ist sichtlich stolz, wird sie auf die Popularität der Station bei den fränkischen Studierenden angesprochen. Doch nicht nur dort weiß man das freie Radio zu schätzen. Auch zehn Jahre nach Sendestart im Dezember 1987 ist Radio Z ein wichtiges Projekt der Nürnberger Alternativszene geblieben - von kommerziellen Anwandlungen keine Spur. Damals wie heute wird heftig über die Zulässigkeit von Werbung gestritten, auch die Sendungen klingen noch wie handgemacht, es kratzt, knarrt, auch Versprecher sind an der Tagesordnung, was kein Wunder ist. Schließlich rühmt sich Z, mit 40 Prozent Wortanteil weit über dem Schnitt zu liegen.

Zehn Jahre besteht Z und ist damit das zweitälteste freie Radio Deutschlands. Nur Radio Dreyeckland aus Freiburg ist noch älter und bekannter. Während die Sendelizenz von Dreyeckland mühsam durch Bürgerinitiativen erkämpft werden mußte, die Geschichten von "Radio Grün" selbst in Liedtexten veröffentlicht wurden, bekamen die Nürnberger ihr Radio quasi von der bayerischen Landesmedienanstalt (BLM) geschenkt.

"Wenn überhaupt ein Rotfunk, dann weit weg von München", dachten sich die Herren der Rundfunkaufsicht damals und mußten fast noch suchen, eh sich in Nürnberg ein kleiner Haufen fand, der Lust auf Radio hatte. Von denen ist heute kaum noch jemand aktiv. Darum weiß auch niemand so genau, wofür der Buchstabe "Z" steht , und eigentlich interessiert es auch keinen. Dabei sind die Probleme in den letzten Jahren eigentlich gleich geblieben.

Noch immer leidet Z unter chronischem Geldmangel. 1 600 zahlende Mitglieder zählt der Verein. Nicht wenig für eine Stadt mit rund 500 000 Einwohnern. Doch 1 600 sind 2 400 zu wenig. 4 000 Radiofreunde und -freundinnen müßten sich schon finden, damit Z auf die ungeliebte Werbung verzichten kann. Die gehört zum Sender wie der Plärrer zum Stadtbild und macht die Station für manche Aktivisten anderer freier Radiostationen suspekt. Werbung ist nämlich tabu für ein richtiges freies Radio. Wirbt ein Sender, kann er höchstens den Status eines Bürgerfunks für sich beanspruchen, aber niemals frei von Programm-Zwängen sein, die die Werbekunden einfach verlangen, wissen politisch korrekte Radioaktivisten und schauen deshalb etwas skeptisch nach Franken. Lange Zeit nicht ohne Grund.

Den zweifelhaften Ruf innerhalb der Radioszene hatten sich die Nürnberger redlich erkämpft. In der allgewaltigen Geschäftsführung der Station hatte sich nämlich eine Kommerzfraktion festgesetzt, die das Projekt nach marktwirtschaftlich kommerziellen Gesichtspunkten betreiben wollte, mit gefälliger Musik, angenehm kurzen Wortbeiträgen und jeder Menge Werbung. Oppositionelle Kräfte hatten es damals schwer in Nürnberg und wurden auf den offiziellen Treffen des Bundes freier Radios (BfR) mit Redeverboten bedacht, da Z keine ordentliche Delegation stellen wollte. Zum Leidwesen all derjenigen, die ein politisches Projekt nicht einfach dem Kommerz unterordnen wollten und die Kommerziellen kraft mehrheitlicher Stimmenverhältnisse in der Mitgliederversammlung abwählen ließen.

Heute ist Z das, was es vor zehn Jahren auch schon war: Nürnberger Gegenöffentlichkeit. Was nicht immer leicht ist. Beinahe jährlich müssen Vertreter von Z in München vorsprechen und um den Fortbestand der Sendelizenz ringen. Irgend jemand in Franken stößt sich nämlich immer an Z, beschwert sich bei der Bayerischen Landesmedienanstalt (BLM), die dann auch beherzt zugreift und Ermahnungen ausspricht oder Geldstrafen verhängt.

Brenzlig wurde es, als sich der konservative Verein "Bürger beobachten Journalisten" des Programms angenommen hatte und prompt auch anstößige Beiträge beim schwulen "Fliederfunk" entdeckten konnte. Als dann auch die wenigen Z-Freunde in der BLM ihr moralisches Gewissen entdeckten und Zeter sowie Mordio wegen angeblich nicht jugendfreier Themen schrien, war die Lizenz praktisch schon verloren. Zur Beruhigung der Medienwächter mußte Z sich auf den wohl einmaligen Deal einlassen, sämtliche Sendungen der Schwulenredaktion vor Ausstrahlung in München absegnen zu lassen. Bis heute.

Auch wenn sich das Verhältnis zur BLM mittlerweile normalisiert hat - zur Geburtstagsfeier war sogar der BLM-Geschäftsführer anwesend -, gesichert ist der Fortbestand des alternativen Senders nicht. Seit Jahren muß Z seine Frequenz mit Radio Energy teilen, was die Kommerzfunker mächtig wurmt und auf den Gedanken brachte, das zu tun, was "Bürger fragen Journalisten" erfolgreich vorexerziert hatte: Z mal wieder abzuhören, um belastendes Material nach München schicken zu können. Bislang vergeblich, doch großen Spielraum für Experimente hat Z nicht. 1998 werden in Bayern die Radiofrequenzen neu vergeben. Ob Z dann noch dabei ist, hängt nicht unwesentlich vom Rückhalt in der Nürnberger Szene ab. Die sorgt ab und an auch für Finanzspritzen außerhalb der üblichen Bettelaktionen zu Weihnachten und Ostern. So wurde dem Sender 10 000 Mark im Rahmen des "Nürnbergstipendiums" gewährt. Der Preis wird alljährlich an fränkische Organisationen vergeben, die sich um ihre Stadt verdient gemacht haben.

Daß in diesem Jahr Z ausgezeichnet wird, geht auf einen Vorschlag des Burgtheaters Nürnberg zurück, das im letzten Jahr Preisträger war und deshalb für 1997 das Vorschlagsrecht besaß. "Wenn Z schon den Preis bekommen soll, dann bitte schön ohne Feierstunde", ließen die CDU-Konservativen das Stipendiatsgremium wissen. Dumm nur, daß somit auch die anderen beiden Preisträger ohne öffentliche Ehrung hätten auskommen müssen. "Natürlich hätten wir auch auf die Ehrung verzichten können", meint Geschäftsführerin Sylvia Glawion. "Doch dann hätte uns die CDU-Stadtregierung nicht zu unserem guten Radioprogramm gratulieren müssen. Da leiden die in zehn Jahren noch drunter."