First we take Manhattan...

Der österreichische Rechtsextremist Jörg Haider debutiert in den USA

Der Professor ist ein Star. Studenten folgen begierig jedem Wort des Ökonomen und blättern 13 000 Dollar für ein sechswöchiges Seminar an der Harvard University hin. Professor Jeffrey Sachs erlangte Ruhm als Erfinder der ökonomischen Schocktherapie und als durch Rußland wütender Wirtschaftsberater. Der Erzkonservative würdigt jedoch nur einen Seminar-Teilnehmer mit seiner Aufmerksamkeit. Fast unterwürfig umstreicht er den polierten Yuppie aus Österreich, F-Frontmann und Kanzleranwärter Jörg Haider. Ihm bereitet die Zahlung der Studienkosten keine Kopfschmerzen. Hat er doch Besitz im Wert von 15 Millionen Dollar von einem Großonkel geerbt. Dem vermachten es netterweise die Nazis, denen es wiederum die österreichische Jüdin Mathilde Roifer schenken durfte. Na gut, dafür kann der 47jährige nichts. Aber vielleicht liebt er aus Dankbarkeit für den Geldsegen die Nazis so sehr. Leider nehmen ihm das manche Leute in Europa übel.

Haider ist lernbegierig, er fragt: Habe ich mich etwa daneben benommen? Die Antwort will er nun in der Neuen Welt finden. Sie heißt Imagepflege. Amerikanische Medien sind dafür bekannt, Karrieren zerstören zu können. Noch gekonnter vermögen sie, ramponierte Gestalten wieder aufzubauen. Ihre Stories wirken dabei besser als Kosmetikprodukte, die "sunny-boy" Haider ohnehin nicht braucht. Ideologisch möchte er sich in den USA aufpolieren lassen. Denn das Label Nazi scheint ihm beim großen Bruder nicht gut zu stehen. Deshalb fängt er gleich bei der Elite an und sitzt brav in Harvards Hallen. Sein Interesse gilt vermutlich weniger dem Nachhilfeunterricht in Wirtschaftstheorie als den elitären Bekanntschaften. Nur wenige Amerikaner haben bisher von Haider gehört - für den smarten Geschäftspolitiker gilt es, ein weites Feld zu beackern. Dabei kommt es bekanntlich auf den ersten Eindruck an.

In den USA stellt man sich einen Nazi meist als primitiven Schreihals oder brutalen Schläger vor. Haider weist diese altmodischen Begriffe weit von sich. Man nennt sich lieber einen modernen hochgebildeten Ultrarechten. Ultrakonservativ klingt noch passender in einer politischen Atmosphäre, in der Demokraten wie Clinton die Republikaner längst eingeholt haben. Professor Sachs ist von Haiders Intelligenz und seiner progressiven Lebenslust entzückt. Wenn der "Alpenbursche" dann noch durch die Studentenkneipen zieht, wächst die Anhängerschaft weiter. Zu Hause will er die korrupten Politiker stürzen. Das möchten die Akademiker des amerikanischen Wirtschaftswunders auch. Durchgreifen ohne soziales Gedusel, biologische Auswahl ist in: Der Starke überlebt. Der österreichische Mann ist in Ordnung.

In New York kümmert sich Hans Janitschek um das Herumreichen des bei amerikanischen Frauen angehimmelten Goldjungen. Janitschek arbeitet als Journalist für die nicht gerade liberale österreichische Kronen Zeitung. Er war früher Assistent von Kurt Waldheim während dessen Amtszeit bei der UNO. Er war auch Generalsekretär der Sozialistischen Internationale. Mit seinen Kontakten hat er keine Probleme, UNO- und andere Diplomaten sowie Geldhaie der Baubranche zu einer Party anzulocken. Man will doch nicht den europäischen Zug verpassen. Und den könnte ja der sympathische Alpinist führen. Nein, er ist kein stinkender Prolet wie der andere Österreicher, der judenhassende Malermeister. Herr Haider ist fein und versteht was vom Business. National und global in einem Boot - wollen wir das nicht alle?

Überall macht Jörg Haider Eindruck: Den führenden politische Persönlichkeiten New Yorks, dem Chef der Deutschen Bank, Washingtons politischen Superstars Donna Shalala und Alexander Haig. Mit ihnen durfte er sogar Tennis spielen. Im Kongreß schütteln ihm hoffnungsfroh Jack Kemp und Trent Lott die Hände. Die Tour scheint ein rechtes Erfolgserlebnis zu sein. Hoffentlich macht Haider nun nicht Leonard Cohens Song zu seiner Hymne: "First we take Manhattan, then we take Berlin."