Eine Kritik des Antinationalismus

Deutschland lieben

Die Nation im Sinne des Standortnationalismus zu analysieren, ist nicht falsch, aber eine Reduktion. Das Treiben des Mobs geht jenseits der Kapitalakkumulation vonstatten. Auch der Nationalsozialismus lässt sich nicht damit erklären, dass hier die in der ökonomischen Konkurrenz vereinzelten Individuen nach kollektiver Identifikation strebten. Eine Kritik des Antinationalismus.

Der Zukunft entgegen
Das »Supergedenkjahr« 2009 befindet sich auf dem Höhepunkt: 60 Jahre BRD und 20 Jahre Ende der DDR sind zu feiern. Zahllose fröhliche Veranstaltungen nationalistischer Provenienz finden hierzulande statt und provozieren den Widerspruch der hiesigen Linken.
Die Abwehr des nationalistischen Taumels ist dabei common sense, und doch tun sich Differenzen darüber auf, wie dieser Taumel zu interpretieren ist. Das Bündnis »Um’s Ganze« sieht hierin die Mobilisierung des Staatsvolks zur Identifikation mit der Nation und zur Sicherung des »Standorts Deutschland« in der globalen Weltmarktkonkurrenz. Den Kern sieht es demgemäß im Nationalismus als Standortlogik. In diesem Sinne organisierte das Bündnis eine antinationale Kampagne zu den »Wendefeierlichkeiten 2009« unter dem Motto »Staat. Nation. Kapital. Scheiße!« – mit größeren Demonstrationen am 23. Mai und 7. November 2009 in Berlin – und veröffentlichte jüngst eine Broschüre mit dem Titel »Staat, Weltmarkt und die Herrschaft der falschen Freiheit. Zur Kritik des kapitalistischen Normalvollzugs«.
In Leipzig wiederum formierte sich ein Bündnis aus mehreren Leipziger Gruppen (inkl. Inex), um ebenfalls eine Kampagne zu den »Wendefeierlichkeiten 2009« zu lancieren, die unter dem Titel »Still not lovin’ Germany« läuft. Im Zen­trum dieser Kampagne stehen die deutsche Mythenbildung und ihre Repräsentation im Jahre 2009. Wenige Wochen nach der Veröffentlichung des Aufrufs des Leipziger Bündnisses kritisierte die Berliner Gruppe TOP (»Um’s Ganze«) dessen vermeintliche Ausrichtung auf bloße Phänomene des deutschen Nationalismus. In einer Mail an den AK 2009 heißt es: »Gerade hierdurch besteht die Gefahr, dass sich eine ausschließliche Kritik am deutschen Nationalismus und seinen Widerlichkeiten in kons­truktive Kritik für die deutsche Nation verwandelt. Letztlich legt der Text die Forderung nach einem aufgeklärten liberalen Deutschland nahe.«
Weder unterstützt das Bündnis »Um’s Ganze« den Leipziger Aufruf noch hat Inex den Kampagnenaufruf von »Um’s Ganze« unterstützt. Beides waren Entscheidungen mit Gründen. Im Folgenden wollen wir die begonnene Diskussion aufgreifen und forcieren. Wir verteidigen den Leipziger Aufruf gegen die Kritik von TOP und kritisieren die »Um’s-Ganze«-Kampagne, vor allem den Antinationalismus, wie er von der Gruppe TOP und dem Bündnis »Um’s Ganze« formuliert wird und in der hiesigen Linken immer weiter um sich greift.

Deutschland – eine ganz normale Nation?
»Deutschland von der Karte streichen, Frankreich muss bis Polen reichen«, lautete eine beliebte Demonstrationslosung der zurückliegenden zwei Dekaden. Sie bebildert die Transformation des antideutschen Schlachtrufs »Nie wieder Deutschland«. Dieser war zunächst eine Reaktion auf die politischen Prozesse um die Jahre 1989/1990 und zielte auf die Verhinderung der deutschen Vereinigung. Später transformierte er sich mehr und mehr zu der allgemeineren Aussage, dass die Welt ohne Deutschland eine bessere sei. Nicht der Nationalismus sei das Hauptproblem, sondern die Besonderheit des deutschen Nationalismus.
War die Sorge vor einem »Vierten Reich« in den frühen neunziger Jahren durchaus berechtigt, sind derartige Analysen inzwischen obsolet geworden. Deutschland hat sich »modernisiert«. Von den Lichterketten 1993 über den Antifa-Sommer 2001 bis heute präsentiert sich Deutschland als eine Nation, die nicht in der unmittelbaren Kontinuität des deutschen Sonderwegs inkl. Nationalsozialismus steht, sondern sich selbst in Abgrenzung dazu begreift und inszeniert. Das Bündnis »Um’s Ganze« sieht folglich nun endlich den Punkt gekommen, die antideutsche Position in eine konsequent antinationale zu transformieren. »Die BRD ist tatsächlich die lockerste Demokratie und mit Abstand der entspannteste Gewaltmonopolist, der jemals deutsche Pässe ausgegeben hat« (1), heißt es folgerichtig in der Staatsbroschüre.
Damit ist der Weg gekennzeichnet, den das Bündnis »Um’s Ganze« während des Gedenk­jahres 2009 einschlägt. In den zurückliegenden Jahren wurde von der antideutschen Linken Deutschland immer wieder als eine besondere Nation vorgeführt, deren Gefährlichkeit nicht in der allgemeinen nationalistischen Formierung, sondern in der besonderen deutschen Formierung des Nationalen gesehen wurde. Diese Auffassung wird vom Bündnis »Um’s Ganze« nun entschieden zurückgewiesen. Es handle sich bei Deutschland zwar um eine besondere Nation, aber in dieser Besonderheit läge lediglich das Allgemeine, weil das allgemeine Prinzip des Nationalen darin bestehe, sich als Besonderes formieren zu müssen. Damit ist Deutschland eine besondere Nation unter allen anderen besonderen Nationen.
Das Allgemeine des Nationalismus sei seine Funktion als Standortideologie in der Weltmarktkonkurrenz. Der Nationalismus wird hier als ein Instrument zur Herstellung einer Einheit von Staat, Kapital und Bevölkerung beschrieben.
Zunächst kann der Argumentation des Bündnisses »Um’s Ganze« so weit gefolgt werden, dass eine Analyse der Verfasstheit der deutschen Nation ein Beharren auf die Aktualität des deutschen Sonderwegs nicht mehr rechtfertigt. Weder ist das heutige Deutschland mit dem Verweis auf den Nationalsozialismus noch mit den Pogromen von Rostock-Lichtenhagen, Mölln und Solingen oder der Walser-Rede 1998 oder den Wirtschaftsbeziehungen zum Iran zu erklären. Ergibt sich aber hieraus die Konsequenz, Deutschland als »entspanntesten Gewaltmonopolisten« zu begreifen und auch nur in dieser Weise zu kritisieren? Sind der deutsche Nationalismus im Allgemeinen und der nationalistische Feierrausch 2009 im Besonderen nur insoweit interessant, als sich der Kapitalismus auf diese Weise seine Reproduktionsbedingungen sichert? Ist Deutschland also kaum mehr als eine reine Funktionsbedingung des Kapitalismus, ein formales Glied der Weltmarktkonkurrenz? Kann es das denn überhaupt geben: eine »ganz normale Nation«?
Wir glauben, all diese Fragen mit Nein beantworten zu können. Wir glauben nicht, dass man die deutschnationalistische Mobilisierung allein in ihrer Funktion der Standortkonkurrenz auflösen kann, sondern dass deutscher Nationalismus mehr heißt als Sicherung der Kapitalakkumulation. Ohne diese Funktion bestreiten zu wollen, kann sich der Nationalismus doch immer wieder gegen die ökonomische Vernunft stellen, wie allein das Beispiel der deutschnationalen Verteidigung der D-Mark gegen die Einführung des Euro belegt. Und darüber hinaus ist Nationalismus nicht nur ein Problem, weil er die Konkurrenz im Verwertungsprozess zementiert, sondern auch, weil er als Ideologie Ausschlüsse produziert, die jenseits des Verwertungs­zusammenhangs immer wieder zu Diskriminierungen, Verfolgungen und Tod führen.

Der Nationalsozialismus als Widerlegung der ökonomischen Vernunft
Die Linke ist von jeher geprägt durch eine starke Auseinandersetzung mit den ökonomischen Bedingungen der modernen kapitalistischen Gesellschaft. Ausgehend von den Analysen Karl Marx’ betont sie die entscheidende Rolle des öko­nomischen Verwertungszusammenhangs für die Konstitution von Gesellschaft und deren Individuen. Sie ist dabei inspiriert von dem Versuch, Gesellschaft nicht allein als Sammelsurium von gesellschaftlichen Phänomenen zu begreifen, sondern abstrakte Mechanismen offenzulegen, die gesellschaftliche Reproduktion strukturieren, und dadurch das kapitalistische Zwangsverhältnis aufzubrechen, das sich als scheinbar natürliches durch die Individuen hindurch vollzieht. Gleichzeitig wurde dabei jedoch auch immer die Frage verhandelt, ob die kapitalistische Ökonomie zur Erklärung der gesamten gesellschaftlichen Sphäre gereicht oder ob damit nicht wesentliche Strukturen wie Ideologien, Realpolitik, naturalisierte Klassifizierungen wie Geschlecht und »Rasse« ungerechtfertigterweise ignoriert würden.
Als Karl Marx 1867 den ersten Band seines Hauptwerks »Das Kapital« vorlegte, formulierte er darin eine Kritik der führenden Nationalökonomen seiner Zeit als eine Analyse der bürgerlichen Gesellschaft. Von den nationalökonomischen Ideologien bürgerlicher Provenienz ausgehend, versuchte er, die materielle Basis dieser Ideologieproduktion freizulegen. Zum einen entwickelte er hier abstrakte Kategorien der kapitalistischen Gesellschaft, die sich in ihrer konkreten historischen Ausformung zwar verschieden darstellen können, in ihrem Gehalt jedoch beständig bleiben. In diesem Sinne hat er durchaus das kapitalistische System so beschrieben, wie es in seinen Grundzügen auch noch heute funktioniert.
Zum anderen steht sein Werk jedoch auch im unmittelbaren Zusammenhang zur historischen Stufe des Kapitalismus der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Geschrieben in der Hochphase der Industrialisierung, beschrieb das Werk nicht nur die Funktionsweise und die Funktionsbedingungen der kapitalistischen Ökonomie, sondern auch die Dominanz der Ökonomie über den politischen Prozess und die soziale Vergesellschaftung. Damit hatte Marx Recht. Die Phase der Hochindustrialisierung war geprägt von der Unterordnung des politischen Apparats, des Staats, der Gesellschaft unter die Reproduktionsbedingungen des Kapitals. Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts war die kapitalistische Welt von der Vorstellung geprägt, die wirtschaftlichen Kräfte würden die politischen beerben. Die feudale, klerikale oder personale Herrschaft des Souveräns schien an ihr Ende gelangt zu sein und die politischen Eliten erschienen zunehmend als Marionetten der ökonomischen Expansion.
Diese Illusion zerschlug sich bereits mit dem Beginn des Ersten Weltkrieges. Noch viel entscheidender waren jedoch schließlich der Nationalsozialismus, der Zweite Weltkrieg und der Holocaust. Die Rede vom »Zivilisationsbruch Auschwitz« impliziert die Erkenntnis von den Grenzen der instrumentellen Vernunft, der Aufklärung und des Fortschrittsdeterminismus.
Schließlich war es nahezu die gesamte deutsche Bevölkerung, die sich willentlich und wissentlich in die Barbarei stürzte. Die deutsche Kriegsführung nahm auf die rationale Logik der Selbsterhaltung wenig Rücksicht und besaß als Grundziel Eugenik, Herrschen und Vernichten. Und es war der millionenfache Mord an den Juden, der keinem anderen Ziel als der Ausrottung folgte und der selbst dann gnadenlos fortgeführt wurde, als die dafür benötigten Ressourcen den deutschen Kriegsverlauf mehr und mehr behinderten.
Der Nationalsozialismus stellte einen bestimmten Erkenntnisbruch dar. Er ließ sich weder allein in ökonomischen Kategorien beschreiben, noch ließ sich das Handeln der Akteure als Verwaltungsfunktion des ökonomischen Prozesses darstellen. Für die Linke war der Zivilisationsbruch noch viel entscheidender: Er widersprach der kommunistischen Analyse, die Klassengegensätze seien die Triebfeder des gesellschaftlichen Fortschritts und die Durchsetzung des Kommunismus sei ein zwangsläufiger Prozess.
Doch erst in den zurückliegenden zwei bis drei Dekaden wurde schließlich der Zivilisationsbruch Auschwitz auch als absolute Grenze des Denkens in rein ökonomischen und fortschrittsdeterministischen Kategorien erkannt.
Damit ist der Nationalsozialismus nicht allein als historisches Ereignis relevant. Er ist es auch nicht allein, weil sich bis heute Kontinuitäten des Denkens und Handelns finden lassen. Er ist es vor allem als eine praktische Einsicht in die Grenzen von Vernunft und Rationalität. Er zeigt historisch die Möglichkeit auf, dass sich auch eine industriell, politisch und kulturell hochentwickelte Gesellschaft willentlich und wissentlich und mit einer ihr eigenen Rationalität in die Barbarei stürzen kann. Und er zeigt gleichzeitig die Unmöglichkeit, die politischen und gesellschaftlichen Verhältnisse allein aus den materiellen Bedingungen abzuleiten.

Zum Zusammenhang von Ökonomie, Ideo­logie, Politik, Gesellschaft und Staat
Es ist zwar unbestritten, dass sich der Nationalsozialismus mit der Weltwirtschaftskrise entwickelte und damit in gewisser Weise auch eine Reaktion darauf war; ihn aus dieser abzuleiten, kann aber nicht gelingen. Denn die verschiedenen Reaktionsweisen von der sozialen Integration im amerikanischen New Deal bis zur Massenvernichtung im deutschen Nationalsozialismus sind in ihren Konsequenzen dermaßen disparat, dass eine Interpretation dieser Modelle als Standortnationalismus oder Kriseninterventionismus im besten Falle keine Erklärungskraft mehr entfaltet, im Grunde genommen aber absurd ist.
Vielmehr gilt es, sich von derartigen Ableitungs- bzw. Basistheorien zu verabschieden. Den gesellschaftlichen Gesamtzusammenhang auf ein leitendes Prinzip zu reduzieren, das wiederum zum Erklärungsmuster des Gesamtzusammenhangs gereicht, ist nicht nur tautologisch, sondern wird der Komplexität von gesellschaftlichen, ökonomischen, politischen etc. Prozessen nicht gerecht.
Die Staatsbroschüre des Bündnisses »Um’s Ganze« ist grundsätzlich keine klassisch ökonomistische Interpretation von Gesellschaft und Staat. Sie ist vielmehr der Versuch, die bürgerliche Gesellschaft und dabei vor allem den bürgerlichen Staat in ihren gegenwärtigen modernen Ausführungen zu begreifen. Sie wendet sich dabei gegen plattes Basis-Überbau-Denken und versucht, der Ideologie einen eigenständigen Platz einzuräumen. Und dennoch scheitert sie daran, weil sie in den Beschreibungen einzelner Bereiche wie Staat, Ideologie, Nationalismus, Nationalsozialismus etc. diese immer wieder auf ihre Funktionalität im Kapitalismus zurückführt. So äußert sich die Gruppe TOP im Interview in der Phase 2.33 zum Basis-Überbau-Theorem: »Die Vorstellung von einer ökonomischen Basis, die einen ideologischen Überbau bestimmte, ist und war schon immer falsch. Und weil Ideologie nicht vom Kapital determiniert ist, sondern immer eigenständig ist, kann sie selbstverständlich auch dazu führen, dass die Reproduktion des Kapitals einmal scheitert.«
Der simple Reduktionismus gesellschaftlicher Verhältnisse auf materielle Bedingungen wird hier zwar rhetorisch zurückgewiesen, in der konkreten Beschreibung jedoch immer wieder eingeholt, indem der Kapitalismus als der basale Grundzusammenhang verstanden wird, der alle anderen gesellschaftlichen Zusammenhänge ordnet. Sowohl Ideologien allgemein als auch Nationalismen im Besonderen organisierten sich entlang ihrer ökonomischen Zwecke. »Diese Kritik darf aber nicht vergessen, was es ist, das die Ideologien reproduzieren und vermitteln. Und das ist nun mal ein durch ökonomische Zwecke wesentlich bestimmter Reproduktionszusammenhang.« (2) Bezogen auf Nationalismen liest es sich wie folgt: »Doch die Identifikation mit der Nation bleibt ein automatisches Bedürfnis der kapitalistisch vereinzelten Individuen. Denn der Nationalstaat – die Nationalökonomie, deren abhängige Elemente sie sind – ist nach wie vor ihr wesentlicher Vergesellschaftungszusammenhang. (…) Nationale Identifikation entsteht längst nicht mehr als ideologische Vision freiheitlicher Selbstermächtigung zur politischen Souveränität. Sondern als unwillkürliche Reaktion auf die grundlegenden Bedrohungslagen bürgerlicher Individualität unterm ständigen Verwertungsdruck.« (3)
Dabei ist es durchaus richtig, dass sowohl Staat als auch Nation und Ideologie im Kapitalismus eine bestimmte Rolle spielen. Sie dienen als den Standort sichernde Instrumentarien dem Funktionieren der weltweiten Kapitalakkumulation. Dass sie eine bestimmte Rolle im Kapitalismus einnehmen, heißt aber noch lange nicht, dass sie sich in dieser Funktion erschöpfen. Vielmehr besitzen sie ein Eigenleben, das sich sowohl gegen die Kapitalakkumulation als auch gegen den Standort stellen und seinerseits die Kapitalakkumulation den eigenen Zwecken unterordnen kann. Die Nation im Sinne des Standortnationalismus zu analysieren, ist damit nicht falsch, sie jedoch darauf zu reduzieren, schon.
Die faschistische Mobilisierung des Mobs ist nur eines dieser Beispiele. Sie geht nicht nur jenseits der Kapitalakkumulation vonstatten, sondern widerspricht ihr vielmehr. Die dörfliche oder kleinstädtische Gemeinschaft bezieht ihre Ressentiments nicht aus der interpersonalen Konkurrenz, sondern aus der Furcht vor der Gefährdung der Gemeinschaft von außen. Man fürchtet sich vor der Stadt, den Fremden allgemein, Homosexuellen, Wessis (für Ostdeutschland). Diese volksgemeinschaftliche Mobilisierung auf die Probleme der im Verwertungsprozess vereinzelten Individuen zurückzustutzen, ist ein ökonomischer Simplizismus, weil der Mob keine Vereinzelung seiner Mitglieder braucht, um tödlich zuzuschlagen.
In der Staatsbroschüre heißt es: »Die wiederkehrenden rassistischen Exzesse der Mobs von Rostock-Lichtenhagen bis Johannesburg sind also ein wiederkehrendes Moment der Ideologie nationaler Identität. Im Pogrom definiert der nationalistische Mob nicht primär sein Außen, sondern sich selbst als anspruchsberechtigt. Er sprengt die Auflagen des bürgerlichen Rechts und überführt den endlosen Konkurrenzzwang des Kapitalismus in eine handfeste Entscheidungsschlacht.« (4) Auf diese Idee muss man erst einmal kommen, den faschistischen Mob, der sich seinen Weg in den »Konkurrenzzwang des Kapitalismus« hinein mit Molotow-Cocktails und Baseballschlägern bahnte, lediglich als Träger eines automatisierten Prozesses zu begreifen. Abgesehen davon, wie stichhaltig es ist, den rassistischen Mord als Walten des Kapitalismus zu interpretieren, ist die Erklärungskraft einer solchen Darstellung gleich null. Dass die einen den Arbeitskampf führen, die anderen die Kollegin mobben, Nazis mordend die Volksgemeinschaft herbeizitieren und wiederum andere die FDP wählen, ist ja wohl kaum eine Laune der Geschichte, keine Zufälligkeit, sondern erklärungsbedürftig. Wenn alles mit der Konkurrenz erklärt wird, dann bedeutet eine solche Erklärung schlussendlich alles und damit nichts.
Ebenso evident sind auf nationaler Ebene die Entwicklungen zur europäischen Einigung. Die Ausweitung der ethnischen Nation (Deutschland etc.) hin zur politischen (Europa) ist die passende Antwort auf die Konkurrenzsituation des Weltmarkts. Der nationale Kampf gegen den Euro, die europäische Verfassung, die Europäisierung allgemein behindert die Standortlogik entscheidend. Der nationale Furor lässt sich bei solchen Fragen aber nicht auf die ökonomische Vernunft ein.
Historisch sind der europäische Faschismus und der Nationalsozialismus die prägnantesten Ereignisse, die sich kaum damit erklären lassen, dass hier die in der ökonomischen Konkurrenz vereinzelten Individuen nach kollektiver Identifikation strebten. Insbesondere letztgenannter ist Ausdruck einer widerökonomischen Herrenmenschenphantasie, die die Ideologie der Rasse über alles stellte. Der Nationalsozialismus war daher auch keine bestimmte Form des Nationalismus, sondern dessen Gegenmodell oder doch zumindest dessen Ausnahme. Bei »Um’s Ganze« heißt es hingegen: »Den strukturellen Konflikten dieser Herrschaftsordnung entspringen immer wieder Ideologien kollektiver Identität. Sie kreisen um Rasse, Geschlecht, Kultur und Religion und finden ihre staatsbürgerliche Zusammenfassung im Nationalismus und Nationalsozialismus.« (5)
Dies ist eine Simplifizierung gesellschaftlicher Herrschaft, die sich permanent auf die Suche nach dem alles erklärenden Grundzusammenhang begibt und so die Eigenständigkeit der Teile negiert.
Wir verstehen die moderne Gesellschaft hingegen als ein Feld widerstreitender Interessen und Akteure. Das heißt nicht, dass sie die bloße Summe ihrer Teile ist, die nicht oder nur unvermittelt miteinander zusammenhängen. Aber die Gesamtgesellschaft auf ein leitendes Prinzip zurückzuführen, verkennt ihre Dynamiken und macht blind für Entwicklungen, die sich nicht oder nur schwer aus diesem leitenden Zusammenhang erklären lassen. Die Kapitalakkumulation und der Verwertungsprozess sind wesent­liche Elemente der modernen bürgerlichen Gesellschaft. Aber auch die Ideologieproduktion oder gesellschaftliche Machtstrukturen wie »Rasse«, Religion und Geschlecht strukturieren Gesellschaft, und zwar auch jenseits der Kapital­akkumulation.

Die Abstraktion der Konkretion oder umgekehrt?
Der Streit um die Bedeutung von Konkretion und Abstraktion oder auch um die »Kritik der Politik« beschäftigt die Linke seit Jahrzehnten.
Die Reproduktion der Gesellschaft und die Reproduktion gesellschaftlicher Herrschaft vollziehen sich u.a. in automatisierten Mechanismen der warenproduzierenden Gesellschaft, in der interpersonalen und abstrakten Konkurrenz der Warenproduzenten untereinander. Sie vollziehen sich jedoch auch auf anderen Ebenen.
Die abstrakten Mechanismen der Gesellschaft bedürfen der Analyse von ihren realen Erscheinungen oder Ausdrücken her, da sie kein unabhängiges Eigenleben besitzen und damit eher theoretisches Instrument der Analyse und Kritik sind. Somit ist es also auch nicht die Abstrak­tion, die direkte Herrschaft ausübt, sondern es sind bestimmte konkrete Mechanismen, wie das Rechtssystem, der Arbeitsalltag, die kapitalistische Produktion, staatliche Politik oder das Wirken der »Sicherheitsorgane«. Diese konkreten Formen der Machtausübung sind dabei weder voneinander gelöst noch von ihren Funktionen als Ausformungen abstrakter Herrschaft. Und doch sind sie mehr als die formale Übersetzung abstrakter in konkrete Herrschaft. Sie sind vielmehr verbunden mit ideologischen Elementen wie Rassismus oder Sexismus oder Formen der Tradition. Ihre Funktionsweisen sind also nicht allein in ihrer Verbindung zum »Wesen« des gesellschaftlichen Zusammenhangs zu analysieren, sondern ebenso in ihren Verknüpfungen zu den konkreten Ausformungen gesellschaftlicher Herrschaft, die sich ebenso aus Traditionen, Ideologien oder Essentialismen zusammensetzen.
Nur diese materiell-konkrete Ebene ist es, die Auskünfte geben kann über die ihr zugrundeliegenden abstrakten Mechanismen. Dabei müssen wir uns der Gefahr bewusst sein, den Schein für die Wirklichkeit zu halten, und dem Irrtum widerstehen, jede Inszenierung zur Realität zu erklären. Das heißt z.B., dass die Sprache der realpolitischen Parteipolitik nicht explizit ihr Wesen freigibt, dass vielmehr die Rede von »Reformen«, Veränderungen und »Erneuerung« im Grunde die Verfestigung des Status quo meint. Das heißt in unserem Fall aber auch, dass wir uns durchaus in die Gefahr begeben, in der Auseinandersetzung mit bestimmten nationalen Mythen, in ihrer Delegitimierung, die Funktionsweise nationaler Mythen als solcher aus den Augen zu verlieren. Und doch führt kein Weg daran vorbei, weil erst in der Formulierung des bestimmten nationalen Mythos dessen allgemeine Form zum Vorschein kommt.
Daher ist die Auseinandersetzung mit den konkreten gesellschaftlichen Verhältnissen keine Anbiederei an Realpolitik und keine Verweigerung grundsätzlicher Kritik. Vielmehr geht es darum, aus den konkreten Äußerungen die Motivationen und Bedingungen derselben zu eruieren und diese dort aufzubrechen, wo sie sich zu materiellem Leben und materieller Gefahr entwickeln.
Materielles Leben meint hier die Realität der materiellen Wirklichkeit wie Arbeitsalltag, staatliche Praxis, die Politik kapitalistischer Zurichtungen. Dahinter steht eine bestimmte Vorstellung des gesellschaftlichen Vermittlungszusammenhangs. Wenn wir davon ausgehen, dass sich gesellschaftliche Herrschaft über die konkreten gesellschaftlichen Bedingungen vermittelt, sind die Vermittlungsebenen schließlich auch diejenigen, auf denen eine linksradikale Politik eingreifen muss. Das verweist darauf, wie man sich gesellschaftliche Veränderungen bis hin zu einem (vielleicht) revolutionären Prozess eigentlich vorstellt. Wir müssen zunächst konstatieren, dass sich sowohl ein möglicherweise teleologischer Prozess des Zusammenbruchs des Kapitalismus als auch die Hoffnung auf die finale Zuspitzung der Klassengegensätze als Illusionen herausgestellt haben. Eine Konsequenz daraus ist, eine radikale (kommunistische) Aufhebungsbewegung dort zu entwickeln, wo sich gesellschaftliche Wirklichkeit (re-)produziert. Dass dies nicht unproblematisch ist, soll gar nicht in Abrede gestellt werden. Aber jeder Versuch der Aufhebung gesellschaftlicher Herrschaft, der sich als unproblematisch halluziniert, muss notwendigerweise mit der Kritik leben, sich den Erfahrungen und Erkenntnissen linksradikaler Kritik und Politik zu verweigern.
Wenn wir im Gedenkjahr 2009 die nationalen Konfigurationen analysieren, indem wir die Inszenierung des nationalistischen Spektakels zum Ausgangspunkt nehmen, haben wir dabei diese Vorgehensweise im Kopf: vom konkreten nationalen Spektakel ausgehend die Motive, Bedingungen, Konsequenzen, das diesem Spektakel Zugrundeliegende, zu eruieren. Das Bündnis »Um’s Ganze« beschreibt einen idealen Typus des Nationalen, der von den bestimmten, historisch und geographisch verschiedenen Ausformungen abstrahiert. Dass die nationalen Konfigurationen in den einzelnen Epochen und in einzelnen Ländern verschieden verlaufen, kann dabei keine Rolle mehr spielen. Die modernen bürgerlichen Nationalstaaten besitzen durchaus Gemeinsamkeiten, aber auch Unterschiede, die nicht nur Details sind. Das Bündnis »Um’s Ganze« behauptet jedoch, es sei »beinahe egal, welches ›Kulturerbe‹ als nationale Referenz geltend gemacht wird, ob Otto der Große, Volkswagen oder Graf Stauffenberg. Entscheidend ist die ideelle Überwindung der realen gesellschaftlichen Spaltung (der vereinzelten Individuen).«
Damit behauptet das Bündnis nicht etwa, dass es egal wäre, ob Graf Stauffenberg, Otto der Große oder Adolf Hitler regierten. Aber es behauptet, dass das Entscheidende der nationalen Mobilisierung die Mobilisierung an sich sei, dass also die Form Nationalismus die bestimmende Komponente sei und nicht deren konkreter Inhalt. Dies weisen wir zurück. Der völkische Nationalismus (z.B. deutscher Provenienz) ist nicht nur eine andere Art der gesellschaftlichen Integration als der republikanische, sondern ist vor allem ein Instrument der Desintegration. Während sich der republikanische Nationalismus idealtypisch die Integration aller Bevölkerungsteile in die Nation und den Staat zum Ziel setzt, ist der völkische Nationalismus die Einheit eines halluzinierten Volksganzen jenseits seiner staatlichen Begrenzungen. Ersteres bedeutet die Einheit und letzteres die Differenz von Staat und Nation. Ein über das völkische Element vermittelter Nationalismus kann die an ihn gestellten Anforderungen in der kapitalistischen Konkurrenz nur bedingt erfüllen.
Damit ist die Reihe von Otto dem Großen bis zu Graf Stauffenberg kein zu vernachlässigender Unterschied, sondern ein entscheidender. Die von Graf Stauffenberg symbolisierte nationale Konfiguration sieht im Nationalen nicht mehr das Instrument zur Herstellung der politischen Einheit von Staat, Territorium, Bürgertum und Ökonomie, sondern die Auflösung der politischen Einheit des Nationalen, hin zur Herrschaft der »Rasse« und zur Auflösung des Nationalstaats, hin zu einem an »Lebensraum« orientierten Rasseimperium. Mit Standortkonkurrenz hat das Ganze überhaupt nichts mehr zu tun.

Deutscher Nationalismus 2009
Wenn sich die Nation im Jahr 2009 selbst feiert, stellt sich selbstverständlich für eine Linke die Frage, was hier zur Verhandlung gebracht werden soll. Das Bündnis »Um’s Ganze« weiß diese Frage zu beantworten: Es ginge hier um die Identifikation der Bevölkerung mit der Nation im Rahmen kapitalistischer Standortlogik. Die Prinzipien der Nation seien dabei: »Privateigentum und Konkurrenz, Leistungsdruck und Ausschluss, Zwang zu Selbstzwang, Schicksalsgemeinschaft in der Weltmarktkonkurrenz.« (6)
Unseres Erachtens sind die nationalen Feierlichkeiten 2009 jedoch nicht auf ihre ökonomische Funktionalität zu beschränken. Diese ins­trumentelle Logik, die jeden realen Ausdruck auf seine inneren Mechanismen zurückstutzen will, verkennt die Dynamiken nationaler Mobilisierung und die Bedeutung des nationalen Selbstzwecks. Der nationale Selbstzweck meint die Verehrung von Volk, Nation und Heimat, die sich aus anderen Motiven speist als instrumentellen Zweck-Mittel-Relationen. Man kann seine Nation lieben, weil man sie liebt, Deutschland lieben, weil man es will. Der Stolz auf die Nation hat viel mit dem Wunsch zu tun, sein eigenes Selbstwertgefühl durch die Identifikation mit etwas vermeintlich Größerem zu stärken. Der Wille zur Gemeinschaft und die Abgrenzung gegen andere sind wohl eher psychologisch zu erklären als mit dem Kapitalismus. Dabei soll die Funktion des Nationalstaats für die kapitalistische Standortkonkurrenz gar nicht bestritten werden, aber er erschöpft sich nicht darin.
Im Jahr 2009 feiert sich die deutsche Nation, weil sie stolz auf sich selbst ist und die Bevölkerung mit dem Staat und der Nation weiter versöhnen will. Zur Disposition stehen verschiedene Probleme: die nationalsozialistische Vergangenheit, die postnazistische Geschichte der BRD, die Geschichte der DDR und deren konformistischer Bevölkerung, die »Wende« und der damit verbundene Anschluss der DDR an die BRD, die Pogrome nach 1989 und das geringe Vertrauen der Deutschen aus Ost und West ineinander.
Deutschland versucht, sich mit sich selbst zu versöhnen. Die Geschichte seit 1945 soll als eine Geschichte der Freiheit und des Wohlstands geschrieben werden. Was dabei nicht passt, wird umgedeutet oder ausgelassen. Uns geht es darum, wie nationale Mythen geschrieben und tradiert werden. Im Zentrum unserer Analyse stehen daher also die nationale Mythologisierung, ihre Konsequenzen und ihre Auslassungen. Die deutschen Jubelorgien 2009 suggerieren einen »aufgeklärten Nationalismus«, der mit der Realität wenig zu tun hat und einen positiven Bezug auf die deutsche Nation erst ermöglicht, was sich aufgrund der deutschen Geschichte verbieten sollte. Das impliziert mitnichten die »Forderung nach einem aufgeklärten liberalen Deutschland«, wie uns von TOP Berlin vorgeworfen wird, sondern bedeutet die Kritik der nationalen Mobilisierung in ihrem konkreten Inhalt.
An Stelle eines instrumentellen Zugriffs auf die Nationalfeierlichkeiten 2009 wählen wir einen spezifischen, der den Selbstzweck dieser Veranstaltung stärker betont.

Von antinational zu antideutsch und zurück
In der Unterschiedlichkeit der Herangehensweise von »Um’s Ganze«/TOP und AK 2009/Inex zeigt sich ein Gegensatz des politischen Selbstverständnisses. Uns scheint die antideutsche Position immer noch die richtige zu sein, die einen spezifischen deutschen Nationalismus kritisiert. Das Bündnis »Um’s Ganze« hat sich davon verabschiedet und vertritt eine rein antinationale Position. Das halten wir für politisch falsch.
Der Antinationalismus von »Um’s Ganze« sieht in den Feierlichkeiten 2009 nur noch die Erscheinungen eines allgemeinen Prinzips und spricht ihnen ihren eigenständigen Wert ab. Die Feier der Nation 2009 erfordert unseres Erachtens hingegen einen stärkeren Fokus darauf, was und wie gefeiert wird.
Fahrlässig wird die antinationale Position schließlich in den geplanten Auseinandersetzungen mit dem 9. November 2009. In Berlin sind für den 7. November große Feierlichkeiten anlässlich des 20. Jahrestags des Mauerfalls geplant. Ein Berliner Bündnis rund um TOP Berlin plant dazu eine Gegendemonstration, die sich allein um die Mobilisierung des Nationalen dreht. Unseres Erachtens kann in Deutschland jedoch nicht darauf verzichtet werden, die Marginalisierung des 9. November 1938 (zugunsten des 9. November 1989) zu kritisieren. Eine deutsche Nation, die im Jubelrausch eines der einschneidendsten Ereignisse der deutschen Geschichte, die Reichspogromnacht, an den Rand schiebt und praktisch zur Marginalie macht, muss dafür kritisiert werden und nicht allein dafür, dass sie sich in der Weltmarktkonkurrenz durchzusetzen sucht.
Das Beispiel Israel ist geeignet, um zu demonstrieren, dass der reduktionistische Ansatz des Bündnisses »Um’s Ganze« problematisch ist. Die israelische Nation hat sich aus anderen Gründen konstituiert als die französische oder die deutsche. Die Gründung des jüdischen Nationalstaats ist von ganz anderer Evidenz als diejenige Deutschlands und muss daher auch völlig anders kritisiert werden. Die Bedeutung des Holocaust für die Staatsgründung Israels ist so entscheidend, dass sich an diesem Beispiel der formale Antinationalismus als geschichtsblind und unpolitisch darstellt.
Der Antinationalismus von »Um’s Ganze«/TOP negiert diese Unterschiede.
Der Unterschied zwischen dem Bündnis »Um’s Ganze« und uns hat Konsequenzen für linksradikale Intervention. Wer die Nazis von Rostock-Lichtenhagen zu zwangsverwerteten Individuen macht, spricht sie von der Verantwortung für ihre Taten frei. Was für die Nazis gilt, gilt jedoch ebenso für alle Individuen der modernen Gesellschaft. In unserer Analyse spielt die individuelle Entscheidungsfähigkeit eine viel größere Rolle. Wir sind uns bewusst, dass die Entscheidungsfreiheit immer eine Freiheit im Zwang darstellt, dass die gesellschaftlichen Verhältnisse sowohl das Denken als auch das Handeln bestimmen. Und trotzdem kann man sich entscheiden, Nazi zu sein oder nicht, den Kapitalismus selbstbewusst zu reproduzieren oder ihn in Frage zu stellen.
Erkennt man diese Entscheidungsfähigkeit nicht mehr an, bleibt nur das automatische Subjekt des Kapitalismus, das sowohl die gesellschaftliche Reproduktion als auch die Handlungen der Individuen bestimmt. Wie man dieses Subjekt stoppen kann, ist nicht klar. Folglich hat das Bündnis »Um’s Ganze« zur Beantwortung dieser Frage nichts anzubieten außer Agitation.
Das Bündnis hat sich auf die Suche nach dem Ganzen begeben. Der Gesamtzusammenhang soll bestimmt, benannt und schließlich bekämpft werden, alles andere hat sich als Nebenschauplatz unterzuordnen. Jede politische Position, die über diese Pseudoradikalität hinausgeht, wird als Realpolitik verunglimpft.
Dem können und wollen wir nicht folgen. Uns geht es darum, die gesellschaftlichen Verhältnisse weder lediglich als Erscheinungen abstrakter Mechanismen zu kritisieren noch ihnen eine Totalität zu unterstellen, wo es um Differenz gehen muss. Im Jahre 2009 dringen wir auf die Spezifik der nationalistischen Mobilisierungen in Deutschland.

(1) Um’s Ganze: Staat, Weltmarkt und die Herrschaft der falschen Freiheit. Zur Kritik des kapitalistischen Normalvollzugs, 9.
(2) Interview mit TOP, »Phase 2.33«.
(3) Um’s Ganze: Staat, Weltmarkt und die Herrschaft der falschen Freiheit, 74f.
(4) Um’s Ganze: Staat, Weltmarkt und die Herrschaft der falschen Freiheit, 78.
(5) Ebd., 19f.
(6) Um’s Ganze: Etwas Besseres als die Nation. Gegen die Herrschaft der falschen Freiheit. Aufruf gegen
das Jubiläum »60 Jahre Grundgesetz« am 23.5.2009,
http://einheit-und-freiheit.de/texts/view/20.

Von der Gruppe Inex erschien soeben die Broschüre »Nie wieder Revolution für Deutschland. Zur linken Kritik an den Wendefeierlichkeiten«, die unter zu finden ist.